“Regierung will unseren Strom rationieren”, titelt die Bild. Und weiter: “Wer ein E-Auto auflädt oder mit Wärmepumpe heizt, muss dann damit rechnen, dass der Strom rationiert wird!” Das stimmt prinzipiell, ist aber höchstens die halbe Wahrheit. IMTEST macht den Faktencheck zur Stromrationierung.
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Auf den zweiten Blick: Strom-Neuregelung soll Wärmepumpen und E-Autos fördern
Ja, wer ein E-Auto fährt oder mit einer Wärmepumpe heizt, kann ab dem 1. Januar 2024 von Stromrationierung betroffen sein. Aber: Eigentlich geht es bei der Entscheidung der Bundesnetzagentur genau darum, diese Infrastruktur zu fördern. “Die Elektrifizierung des Verkehrs- und Wärmesektors reduziert die CO2-Emissionen erheblich. Deshalb begrüßt die Bundesnetzagentur einen umfassenden Ausbau von E-Mobilität und Wärmepumpen ausdrücklich.”, heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung.
Netzausbau hinkt hinterher
Problematisch ist jedoch, dass das deutsche Stromnetz bis dato nicht auf den erhöhten Strombedarf ausgelegt ist, der unter anderem durch die Nutzung von Wärmepumpen und E-Autos entsteht.
“Damit die Stromversorgung sicher und bezahlbar bleibt, brauchen wir mehrere tausend Kilometer neue Stromtrassen und einen weiterhin robusten Netzbetrieb.”, erklärt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Anstatt nun aber auf den langwierigen Netzausbau zu warten und dann erst die Neustrukturierung von Wärme- und Verkehrsinfrastruktur anzugehen, versucht das Ministerium beide Probleme zeitgleich anzupacken. Wärmepumpen und E-Mobilität werden bereits gefördert. Um dabei sicherzustellen, dass das noch nicht vollständig ausgebaute Stromnetz den Anforderungen Stand hält, hat die Bundesnetzagentur (eine eigenständige Behörde im Fachbereich des BMWK) nun beschlossen, Stromdrosslungen in besonderen Fällen zu ermöglichen, allerdings nur unter strengen Auflagen.
Das bedeutet Strom rationieren konkret
Ein sogenannter “Basisstrom” von 4,2 Kilowatt soll permanent verfügbar sein. “Damit können Wärmepumpen weiter betrieben und E-Autos in aller Regel in zwei Stunden für 50 Kilometer Strecke nachgeladen werden. Der reguläre Haushaltsstrom ist davon nicht betroffen. Die besonderen Anforderungen von Großwärmepumpen werden berücksichtigt.”, so die Bundesnetzagentur.
Vollständige Abschaltungen des Stromnetzes, wie sie in anderen Ländern mitunter der Fall sind, schließt die Behörde zweifelsfrei aus. Stattdessen soll es darum gehen, beispielsweise die Ladegeschwindigkeit von E-Autos an privaten Wallboxen kurzfristig zu drosseln, falls eine Überlastung des Stromnetz drohen sollte. Laut Focus online beträfe das vor allem “Nutzerinnen und Nutzer, die ungewöhnlich viel zuhause laden müssen. Im Regelfall – vor allem dann, wenn das E-Fahrzeug als Zweitwagen ohnehin nur über Nacht langsam an der Wallbox lädt – dürften die Auswirkungen wenig bis gar nicht zu spüren sein”.
Finanzielle Entschädigung für weniger Kilowatt
Um Nutzerinnen und Nutzer von E-Autos und Wärmepumpen aber trotzdem für den Ausfall zu entschädigen, hat die Bundesnetzagentur drei unterschiedliche Modelle vorgesehen.
- Modell 1: Die Betreiber zahlen pro Ausfall einen pauschalen Rabatt. Je nach Netzgebiet liegt der bei 110 bis 190 Euro (brutto) pro Jahr.
- Modell 2: Der Betreiber reduziert den Arbeitspreis prozentual 60 Prozent. “Technische Voraussetzung hierfür ist ein separater Zählpunkt für die steuerbare Verbrauchseinrichtung”
- Modell 3: In Kombination mit Modell 1 kann sich der Betreiber “ab 2025 für ein zeitvariables Netzentgelt entscheiden”. Dabei wird der Strompreis stundenweise gestaffelt. Je nachdem wie viel Strom gerade produziert wird, ist der Preis entsprechend höher oder niedriger. Dieses Modell ist insbesondere für Nutzerinnen und Nutzer von erneuerbaren Energien spannend, da es langfristig für deutlich geringere Stromkosten sorgen kann.
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Erleichterter Einbau für Wärmepumpen
Die Neuregelung der Bundesnetzagentur bietet noch einen weiteren Vorteil für Verbraucherinnen und Verbraucher. Wer ein energieintensives Gerät wie eine Wärmepumpe oder ein E-Auto betreibt, muss zwar mit dem Einbau einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung, zum Beispiel in die eigene Wallbox rechnen. Doch dafür ist es Netzbetreibern ab 2024 verboten, den Einbau von Wärmepumpen oder Wallboxen mit Verweis auf die Leistungsfähigkeit des Stromnetzes abzulehnen.
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