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Elden Ring im Test: Natürliche Auslese

Die Spiele von From Software sind berühmt wie berüchtigt. Wie fällt der neueste Streich aus?

Ein Artwork zum Spiel Elden Ring
© Bandai Namco

Die bisherigen Spiele von From Software prägten nicht nur ein neues Spiel-Genre (Soulslike, nach ihren Erfolgstiteln Demons‘s Souls und Dark Souls 1-3), sondern setzten auch für den Begriff “schwer” völlig neue Maßstäbe. Gut fünf Jahre war “Elden Ring”, das neueste und mit Abstand größte Spiel des Studios, in der Entwicklung – und macht dem Ruf der Entwickler erneut alle Ehre. Wer bei diesem Titel zugreifen und wer lieber die Finger davon lassen sollte, klärt der Test.

Produktdetails

  • 54,99
  • ab 16 Jahren
  • PC
Elden Ring Melina
Die geheimnisvolle Melina bietet dem Helden früh im Spiel ihre Hilfe an. © Bandai Namco/IMTEST

Die Handlung

Der Spieler erschafft sich eine Figur aus einer Auswahl aus zehn Klassen, die allerdings gar nicht so entscheidend sind. Er wird getötet und erwacht als Befleckter in den Zwischenlanden, einem seltsamen und offenbar durch irgendeine Macht weitgehend zerstörten Reich. Mit Rüstung und Waffe versehen, macht er sich nun auf den Weg durch sechs große Regionen. Und so gut wie alles, was ihm begegnet, will ihn töten.

Was in diesen Zwischenlanden überhaupt passiert ist, das hat mit dem Namen des Spiels zu tun und wird im Vorspann des Spiels erzählt. Alles andere, was für die Handlung interessant sein könnte, muss sich der Spieler dann aber selbst in der Welt zusammensuchen, in den Gesprächen mit den wenigen Bewohnern, die den Helden nicht töten wollen, in alten Texten, die zu finden sind und in anderen Hinweisen wie Beschreibungen von Ausrüstung. Für Fans des Studios ist das weder schlimm noch neu, denn so sind die bisherigen Titel von From Software alle.

Für wen ist Elden Ring?

Elden Ring ist wie jedes andere Spiel der Macher im Kern für zwei Zielgruppen gedacht. Zum einen sind da die Profi-Gamer, die bereits alle vorherigen Spiele gemeistert haben und die Steuerung des Helden im Schlaf beherrschen. Für die ist hauptsächlich interessant, wo es für sie die passende Waffe und andere Ausrüstung gibt, mit der sie möglichst zügig leveln und so alle Teile des Spiels sehen können. Aus dieser Gruppe dürften sich auch die meisten Tester rekrutieren, die Elden Ring eine Durchschnittswertung von 98 Prozent gegeben haben.

Elden Ring Karte
Die Karte eines Gebiets lässt sich recht einfach freilegen, die wirklich wichtigen Stellen muss der Spieler aber dennoch selbst entdecken. © Bandai Namco/IMTEST

Dann gibt es da noch echte Masochisten, die Spaß daran haben, immer und immer wieder frustriert zu werden, weil sie die Mechaniken des Spiels nicht verstehen oder nicht gut genug auf dem Gamepad umsetzen können, um die harten Brocken im Spiel zu besiegen.

Wer sich als Angehöriger der dritten Gruppe sieht, als unerfahrener, aber neugieriger Spieler, der über Elden Ring viel Gutes gehört hat und es einmal ausprobieren möchte, der braucht wichtige Informationen über den Inhalt und die hauptsächliche Aktion im Spiel: Kämpfen.

Die Definition von Schwer

Ein schweres Spiel, das heißt für fast jeden Spieler etwas anderes. Die einen haben keine Lust auf stundenlanges Lesen komplexer Erklärungen und kommen schwer in ein anspruchsvolles Spiel. Andere empfinden ein Spiel als schwer, weil es sehr lang ist oder weil manche Rätsel manchmal unlogisch oder mäßig erklärt sind. Vieles davon ist Ansichtssache. Das ist bei Elden Ring anders. Hier dürfte es auf der Welt nur wenige Menschen geben, die dieses Spiel als einfach oder leicht bezeichnen. Und die lägen auch falsch, denn Elden Ring ist schwer. Es wäre sogar vor 30 bis 40 Jahren, als Spiele noch deutlicher härter waren als heute, schwer gewesen. Aber was macht es so hart?

Elden Ring verzeiht keine Fehler. Keinen. Einzigen. Wer bei harten Bosskämpfen einmal nicht im richtigen Moment den richtigen Knopf drückt, ist vermutlich bereits tot, ohne es zu wissen. Margit, der erste harte Boss im Spiel, ohne den wichtige Spielinhalte gar nicht erreicht werden können, hat sowohl Fernkampf-Angriffe als auch vernichtende Nahkampf-Attacken. Zudem verfügt er über magische Waffen, gegen die ein Schild wenig bis gar nichts hilft – und die er im Bruchteil einer Sekunde mit seinen normalen Waffen wechseln kann. Er bewegt sich schneller als der Spieler es kann und hat mit seinen Waffen eine unglaubliche Reichweite.

Elden Ring Margit
Der erste harte Boss Margit lässt Helden ohne die richtige Strategie verzweifeln. © Bandai Namco/IMTEST

Bereits eine falsche Entscheidung kann den eigenen Charakter so lange zu Boden werfen oder taumeln lassen, dass Margit ihm schnell den Rest gibt, ohne dass der Spieler dagegen noch irgendetwas tun könnte. Experten bezeichnen diesen Boss gern als Messlatte für neue Spieler. Wer Margit nicht schafft, braucht sich an die späteren Bosse im Spiel gar nicht heranzuwagen, Margit trenne die Spreu vom Weizen. Wer sich zum 30sten, 40sten oder 50sten Mal zu Margit in den Kampf begibt, dem dämmert es, was diese Aussagen bedeuten.

Leichter als der Rest

Dennoch muss fairerweise gesagt werden, dass Elden Ring durch einige Features das bislang einfachste Spiel der Macher ist. Denn es bietet einige Neuerungen, die auch Neulingen das Leben zumindest ein wenig leichter machen. So gibt es früh im Spiel einen besonderen Ring, mit dem der Held ein Pferd beschwören kann. Und auf dem Rücken von Sturmwind lassen sich viele Kämpfe erheblich einfacher gewinnen. Zudem erreicht der Spieler an besonderen Stellen mit Wirbeln auf dem Boden durch einen Sprung mit dem Tier ungeahnte Höhen und erreicht andernfalls nicht zugängliche Orte.

Eine weitere große Hilfe sind andere Spieler, die sich ein Held herbeirufen kann, wenn er die richtigen Einstellungen im Spiel vornimmt und die richtigen Gegenstände dafür in seinem Besitz hat. Das macht Kämpfe deutlich leichter, sorgt dann aber auch für nicht ganz so viel Euphorie, wenn die Schlacht gewonnen ist. Dennoch: Um in der Story voranzukommen, ist diese Funktion extrem nützlich und nimmt dem Spiel den ganz großen Frust, den andere Games des Entwicklers (Sekiro: Shadow’s Die Twice) noch aufwiesen.

Gut geplant ist leichter gesiegt

Weitere Hilfen für Kämpfe sind in der Ausrüstung zu finden. So nutzt die richtige Waffe beim richtigen Gegner schon einiges. Wer mit einem Dolch gegen Skelette kämpft, muss sich nicht wundern, wenn er länger braucht, mit einer stumpfen Schlagwaffe wie einem Hammer geht es gegen die knochigen Feinde schon viel einfacher. Bei einigen Gegnern tut sich der Held wiederum leichter, wenn er besonders harte oder besonders schnelle Schläge austeilen kann. Leider lässt es das Spiel nicht zu, sich früh mit allen Waffenarten auszustatten, die nützlich sind – für eine Hauptwaffe muss sich der Spieler schon entscheiden.

Immerhin lassen sich aber einige Waffen mit Schmiedesteinen verbessern, auf einen Level von +3 können zumindest ein halbes Dutzend Waffen steigen, um für möglichst viele Gegner eine halbwegs starke Waffe zu besitzen.

Elden Ring Drache
Hoch zu Pferde gegen einen Drachen antreten? Das erfordert erst einmal Überwindung. © Bandai Namco/IMTEST

Ebenfalls wichtig im Kampf sind Geister, die der Held früh beschwören kann. Die stürzen sich im Kampf auf die oder den Gegner und lassen dem eigenen Charakter gute Chancen, empfindliche Schläge relativ ungestört zu setzen. Auch diese Helfer lassen sich mit speziellen Rohstoffen noch verbessern, bis sie Gegner in den Startgebieten fast alleine besiegen. Ebenfalls nützlich sind Kriegs-Aschen. Damit kann ein Spieler seiner Waffe ein bestimmtes Talent verleihen, was sich meist in einem besonderen Angriff widerspiegelt. Wer dem Feind Blutungen verpassen kann oder ihn mit einem Wirbelwind zurückstößt, hat bessere Chancen auf den Sieg.

Lernkurve: Steil oder lang

Daher ist es nicht so, dass Anfänger keine Chance haben. Und wer genau studiert, was der Held kann und wie man diese Fähigkeiten im richtigen Moment nutzt, der kommt im Startgebiet Limgrave schon recht weit. Denn die Open World von Elden Ring erlaubt es dem Spieler, so lange zu leveln, bis Ausrüstung und Attribute gut genug sind, um Versuche an härteren Gegnern zu starten. Klappt es mit Margit beispielsweise (noch) nicht, einfach nochmal Monster verhauen gehen, Runen sammeln und die für bessere Attribute oder Waffen ausgeben. Aber: Das kann 30 oder 40 Stunden dauern! Vielleicht auch länger. Und dann ist der erste Endboss noch immer nicht besiegt, sondern nur seine Handlanger.

Nebliger Wald
Der Nebelwand macht seinem Namen alle Ehre. © Bandai Namco/IMTEST

Wer also kein Naturtalent am Gamepad ist und über Minuten immer die richtige Entscheidung in der nötigen Geschwindigkeit eingeben kann, muss sich auf langes Training einstellen. Es ist sicher nicht unmöglich, immer besser zu werden und irgendwann so gut, dass die harten Kämpfe besser laufen. Aber Elden Ring verlangt von einen Durchschnitts-Spieler dafür eine Menge Zeitaufwand. Darüber muss man sich klar sein, wenn man das Spiel anfängt. Insgesamt lassen sich bis zu 200 Stunden hier verbringen – und selbst dann hat man vielleicht noch nicht alles gesehen.

Das Prinzip „From Software“

Story gibt es in Elden Ring wie schon erwähnt wenig. Der Spieler sucht sich hauptsächlich schaffbare Ziele, besiegt sie, sammelt dafür Erfahrungspunkte (heißen hier Runen) und Beute ein und sucht sich dann einen “Ort der Gnade”, wo er sich für die Punkte einen Attributs-Anstieg oder einen Händler, wo er neue Ausrüstung kauft. Bis auf Bosse sind die eben besiegten Gegner nach einem Besuch am Ort der Gnade wieder da. Jede neue Stufe kostet mehr Runen als die davor.

Ist also der Endgegner in einem Dungeon noch zu schwer, lässt sich das mit weiteren Stufen eventuell beheben. Ausrüstung zu finden, ist in Elden Ring ein eher seltenes Erlebnis, aber manche Waffen oder Rüstungen passen eventuell zum eigenen Stil. Der ist grob in drei Richtungen aufgeteilt: Magie, Stärke oder Geschick. Magier kämpfen viel aus der Ferne mit Zaubersprüchen. Stärke-Kämpfer nutzen Nahkampfwaffen, mit Geschick lassen sich viele Nahkampfwaffen führen, aber auch Bögen oder Armbrüste besser nutzen. Auch eine Mischung ist denkbar, braucht aber viel Erfahrung beim Spielen.

Gruseliger Steinkopf
Pablo Picasso? Hieronymus Bosch? Dunkle Optiken bietet Elden Ring an jeder Ecke. © Bandai Namco/IMTEST

Hingeschaut!

Eine wichtige Eigenschaft, die ein Spieler in Elden Ring braucht, ist Beobachtungsgabe (oder wahlweise Youtube-Erklärungs-Videos). Wie oft schlägt dieser Gegner nacheinander, bis er eine kurze Pause macht, in die ein Gegenstoß hineinpasst? In welche Richtung dreht er sich nach welcher Attacke? Welche Schläge lassen sich blocken, welchen muss man unbedingt ausweichen? Und wohin? Diese Fragen muss ein Spieler beantworten können, um überhaupt eine Chance zu haben. Weil das Spiel ohnehin vorsieht, dass solche Kämpfe nicht im ersten Versuch gewonnen werden, sollte der Spieler hier Dinge ausprobieren und sehen, was Wirkung zeigt und worauf er getrost verzichten kann. Daneben kann er dann auch gleich noch trainieren, einen kühlen Kopf zu bewahren, denn mit von Panik getriebenen Aktionen erreicht man hier gar nichts.



Die Story: Ein Hauch von Nichts

Obwohl der große Fantasy-Autor George R.R.Martin (“Game of Thrones”) die Welt erschaffen hat, ist von einer Geschichte nicht viel zu merken. Es gibt sie, aber sie ist wie bereits erwähnt in Details versteckt, die man leicht übersieht. Wichtiger ist ohnehin die Atmosphäre – und die ist einmalig. Wo die Natur üppig blüht, liegt alles von Menschen (oder anderen Wesen) erbaute in Ruinen oder ist schwer baufällig. Eine dicker Hauch Melancholie liegt auch dann über dem Land, wenn die grünen Farben eigentlich etwas anderes verkünden.

Elden Ring Händler
Nur selten begegnet der Held freundlich gesinnten Menschen in der Zwischenwelt. Der hier verkauft Kriegsaschen. © Bandai Namco/IMTEST

Die wenigen Figuren, denen der Spieler begegnet, mit denen man sprechen kann, offenbaren oft Wissenslücken und wirken, also steckten sie in ihrem eigenen Alptraum fest. Hoffnung oder Fröhlichkeit sucht man hier vergeblich. Stattdessen kann hinter jeder Ecke eine Kreatur lauern, die einen ungespitzt in den Boden rammt. Das klingt eigentlich gar nicht nach Spaß, entfaltet aber zusammen mit der guten, aber eigenwilligen Grafik eine Magie, der man sich nur schwer entziehen kann. Da hebt schon ein goldener Schimmer in der Luft die Stimmung deutlich.

Die hohe Kunst des Level-Designs

Nicht alles, was From Software in seinem neuen Open World-Spiel erschaffen hat, ist wirklich grandios. So fallen viele Mini-Dungeons eher langweilig aus: ein paar Räume, irgendwo ein Hebel, mit dem die Tür zum Dungeon-Boss geöffnet wird – das war es. Wird es aber groß, so glänzen die Macher mit raffinierten Leveln, die auf mehr als eine Art durchquert werden können und auf jedem Weg besondere Schätze bieten. So ist Schloss Sturmwind ein Paradebeispiel für ebenso komplexe wie faszinierende Umgebung.

Held in Elden Ring
So grün und nett wie hier sieht es im Spiel selten aus. Und das düstere Schloss links lässt Übles erahnen. © Bandai Namco/IMTEST

Kein Spiel für alle

Zum Schluss die wichtigste Information, die man über Elden Ring haben muss: Es ist kein Spiel für alle. Wer nicht mit dem Gamepad in der Hand groß wurde und den Umgang mit Knöpfen und Joysticks erst spät erlernte, wer keine gute Reaktionszeit hat oder nicht gleichzeitig zwei bis drei Dinge auf dem Gamepad eingeben kann, der wird hier zu Beginn keine gute Zeit haben.

Zwar gibt die Open World dem Spieler die Chance, seinen Charakter so lange zu leveln, bis es dann auch mit wenig Können für Bosse reicht, ob so ein Spieler aber das Ende des Spiels sieht, muss doch bezweifelt werden – denn leichter wird es hinter raus nicht. Elden Ring ist ein großartiges Spiel – für eine bestimmte Zielgruppe. Und nur für die.

FAZIT: Ein Traum für harte Typen

Elden Ring ist sauschwer – und das macht den Reiz aus! Keine großen Gespräche, keine wilden Rätsel – dieses Spiel ist Kampf! Und der ist auch dann noch herausfordernd, wenn der Spieler seinen Helden optimal vorbereitet. Hart, aber richtig gut und einfach unvergesslich!

  • PRO
    • Faszinierende, riesige und knallharte Spielwelt voller Monster und Schrecken
  • KONTRA
    • für ungeübte Spieler vor allem zu Beginn sehr frustrierend, kleine technische Mankos

IMTEST Ergebnis:

sehr gut 1,4

Markus Fiedler

Markus Fiedler ist freier Journalist und Autor, sein Herz schlägt vor allem für den Bereich Entertainment. Er verbringt seit vielen Jahren einen großen Teil seiner Zeit im Kino oder vor dem Fernseher – und hat damit sein Hobby zum Beruf gemacht. Nach einem abgeschlossenen Volontariat in seiner Heimatstadt Göttingen war Fiedler Gründungsmitglied des Spielemagazins Computerbild Spiele im Jahr 1999 und arbeitete dort 13 Jahre lang als Testredakteur. Seitdem ist er freiberuflich für verschiedene Kunden tätig. Für IMTEST testet er vor allem Technik und Software, mit der man seine Freizeit verbringt: Netflix und Spotify zum Beispiel, aber auch neue Spielekonsolen wie Playstation 5 und Xbox Series X.