Der Mega-Trend: Camping wie früher mit einem alten Wohnmobil oder Caravan. IMTEST gibt Tipps für Kauf, Miete, Ausstattung und Überholung der bewohnbaren Oldtimer.
Camping boomt wie nie – wegen der Pandemie und den damit verbundenen (Fern)-Reisebeschränkungen sowie Abstandsregeln ist der Trip mit dem Wohnmobil oder Caravan seit dem Jahr 2020 für viele zur einzig möglichen Form des Urlaubs geworden. Weitgehend autark lässt sich so der Enge der Zivilisation entfliehen, selbst auf dem Campingplatz kann man leichter Distanz zum Nächsten halten als im Frühstücksraum eines Pauschalhotels. Und wer statt eines modernen Wohnmobils oder Caravans auf einen Oldtimer setzt, verbringt die schönsten Wochen des Jahres auch noch mit Stil.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Vintage Camping?
Innerhalb des großen Trends Camping gedeiht ein kleiner, feiner Ableger: das Vintage Camping, also das Campen mit einem alten Reisemobil oder Wohnwagen einschließlich des authentischen Zubehörs. Klar, auch diese Bewegung gab es schon vor Corona, genauso wie die Oldtimer-Szene an sich. Hier kam schlicht eins zum anderen: die Liebe zum alten Blech sowie die Leidenschaft für die Freiheit und Unabhängigkeit des Camping-Lebens. Viele Oldtimer-Besitzer konnten sich einfach nicht mit der Optik eines modernen Caravans hinter dem alten Auto anfreunden. Und umgekehrt sahen sich immer mehr Besitzer alter Wohnanhänger nach einem zeitgenössischen Zugfahrzeug um, damit das Gespann wie “aus einem Guss” wirkt. Analog zu den alten Wohnwagen erfreuen sich auch Oldtimer-Wohnmobile zunehmender Beliebtheit. Ihr optischer Auftritt sowie die bisweilen schrillen Inneneinrichtungen muten herrlich nostalgisch an und laden zu einem Roadtrip in die gute alte Zeit ein.
Doch bevor man sich auf eine romantische Reise in die Vergangenheit begeben kann, steht bei vielen alten Campern und Caravans erst einmal eine gründliche Überholung oder gar Restaurierung an. Und die kann ans Eingemachte gehen, nervlich wie finanziell.
Bedarfsabgrenzung: Reisemobil oder Wohnanhänger?
Zunächst eine Bedarfsabgrenzung: Sind Sie eher der Reisemobil- oder Wohnanhänger-Typ? Wer stolzer Besitzer eines Oldtimer-PKW ist und damit stilvoll Campen möchte, dem drängt sich ein alter Caravan fast schon auf. Insbesondere wenn sich das alte Auto mit einer Anhängerkupplung nachrüsten lässt (oder schon damit ausgestattet ist). Der große Vorteil eines Caravans ist, dass er grundsätzlich weit weniger kostet als ein Wohnmobil. Zudem ist ein Oldtimer-Wohnwagen technisch unkompliziert, macht daher kaum Probleme und ist einfacher zu restaurieren als ein altes Reisemobil.
Auf der anderen Seite ist ein Gespann aus Zugfahrzeug und Caravan schnell über zehn Meter lang und entsprechend unhandlich (erlaubt ist in Deutschland eine Gespannlänge von bis zu 18 Metern). Innenstädte, Serpentinenstraßen und Alpenpässe können damit zur Nervenprobe werden. Zudem gilt für ein Oldtimer-Gespann meist ein Tempolimit von 80 km/h – was dem Geist der Entschleunigung im historischen Fahrzeug jedoch eher entgegenkommt.
Auch wer vorwiegend länger an einem Ort, in aller Regel einem Campingplatz, verweilen möchte, für den ist der Caravan die bessere Option. Mit ihm lässt man sich häuslich nieder, sucht sich einen schönen Stellplatz, fährt die Stützen aus, stellt das orangefarbene 70er-Jahre-Vorzelt auf, zündet den Grill an und genießt einige Tage oder Wochen das entspannte Leben auf der Campinganlage mit Wasserversorgung, Netzstrom und sanitären Anlagen. Und ist mit dem Zugfahrzeug dennoch jederzeit mobil, während der Wohnanhänger auf dem Campingplatz die Stellung hält. Weiterer Vorteil: Wenn es sich beim Oldtimer-Zugfahrzeug um einen großen Kombi oder Bus handelt, kann man zu siebt oder mehr auf Reisen gehen. Alte Wohnanhänger mit entsprechend vielen Schlafplätzen gibt es durchaus, alternativ wird im – historisch korrekten – Zelt übernachtet. Ein Wohnmobil hingegen bietet meist nur vier eingetragene Sitzplätze (mit Gurten). Denn bei Camper wie Caravan ist der Aufenthalt im Wohnraum während der Fahrt aus Sicherheitsgründen verboten.
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Einmalige Übernachtung erlaubt
Reisemobile eignen sich hingegen besser zum spontanen, völlig autarken Übernachten, auch abseits von Campingplätzen. Zum “Wildcamping” gibt es übrigens europaweit sehr unterschiedliche Regelungen. So darf man in Skandinavien, Schottland, Rumänien, Lettland, Estland und Litauen grundsätzlich auf öffentlichem Grund campieren, wohingegen das in Deutschland abseits von Campingplätzen oder ausgewiesenen Wohnmobil-Stellplätzen untersagt ist. Eine Ausnahme gibt es aber: Die einmalige Übernachtung an einem Ort “zur Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit” ist hierzulande erlaubt. Die Behörden gehen dabei von einem Zeitraum von bis zu zehn Stunden aus und es dürfen keine Campingmöbel, Grills oder ähnliches außerhalb des Fahrzeugs aufgestellt werden. Diese Ausnahmeregelung ist nicht dazu gedacht, sich mit dem alten Reisemobil ein nettes Plätzchen zu suchen und dann die Fahruntüchtigkeit durch sportiven Alkoholgenuss vorsätzlich herbeizuführen.
Unterm Strich entscheidet also der Einsatzzweck, ob ein Wohnwagen oder Wohnmobil das Richtige ist – fest steht indes, dass das Wohnmobil fast immer die teurere Lösung ist.
Wo kann man Vintage-Camper- und Caravans kaufen?
Außer bei den üblichen Verdächtigen wie Mobile.de, Autoscout24.de und Ebay-Kleinanzeigen.de findet man alte Wohnmobile und Caravans auch auf spezialisierten Onlinebörsen. Wie etwa TruckScout24.de oder Caraworld.de. Wirkliche Schnäppchen kann man außerdem immer noch ganz klassisch in den Kleinanzeigenteilen lokaler Zeitungen machen. Dort schauen nicht so viele professionelle Händleraugen rein wie in die Online-Marktplätzen. Zudem stehen die Objekte oftmals um die Ecke, so dass man schnell für eine Besichtigung vor Ort ist. Wer sich nicht auf ein bestimmtes Modell festgelegt hat, sollte sich ruhig mehrere Fahrzeuge oder Anhänger im näheren Umkreis anschauen. Das kostet weniger Zeit und Geld. Da die Beschreibungen gebrauchter Fahrzeuge grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen sind, ist die Enttäuschung dann nicht so groß wie nach einer Anreise von mehreren hundert Kilometern.
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Worauf muss man beim Kauf achten?
Wie beim Autokauf gilt auch bei der Suche nach einem Oldtimer-Wohnmobil oder Vintage-Caravan: Der bessere Zustand ist der bessere Kauf. Vermeintliche Schnäppchen rächen sich schnell, wenn man erst einmal unter die geschminkte Fassade schaut. Wer über technisches Verständnis und handwerkliche Fähigkeiten verfügt, kann einen Camper oder Caravan unter Umständen selbst überholen oder gar komplett restaurieren. Dennoch sollte man sich darüber im Klaren sein, dass dieses Unterfangen in aller Regel mehr Zeit, Nerven und Geld kostet, als man sich vorher ausmalt. Menschen mit zwei linken Händen sollten sich hingegen von vornherein nach einem bereits professionell restaurierten Exemplar umsehen. Anbieter solch alter Schätzchen im reisefertigen Bestzustand mit TÜV sind im Bereich Wohnanhänger die Firma Caravan Classics und bei Reisemobilen die Firma Joe´s Vintage Campers. Man kann aber auch prima mieten – etwa alte VW Bus Camper bei Ahoi Bullis.
Diese Probleme treten häufig auf
Wer sich nach einem alten Wohnwagen umsieht, um ihn selbst in Schuss zu bringen, stößt laut Experte Michael Maurer, Gründer und Chef der Firma Caravan Classics, meist auf folgende Probleme:
Undichtigkeiten sind das Hauptthema, selbst wenn der Caravan nur selten benutzt wurde und fast immer untergestellt war. Denn die Dichtungsgummis verlieren mit den Jahren ihre Weichmacher, verspröden und lassen speziell an Fenstern und Rangiergriffen Feuchtigkeit ins Innere. Das Ergebnis sind vergammelte Sperrholzwände und Schimmel. Vor dem Kauf sollte man also unbedingt die unteren Bereiche der Innenwände an allen vier Ecken überprüfen. Ist das Holz hier weich, dann hat der Caravan einen Wasserschaden und man sollte lieber die Finger davon lassen. Denn morsches Holz beeinträchtigt massiv die Stabilität des Aufbaus. Tipp: Wer an der Außenhaut Silikonreste von Abdichtversuchen entdeckt, weiß bereits, was auf ihn zukommt. Laut Michael Maurer haben rund 80 Prozent der unrestaurierten Camper aus den 60er und 70er Jahren Wasserschäden.
Schlecht funktionierende Auflaufbremsanlagen: Aufgrund eines defekten Hydraulikzylinders in der Anhängerdeichsel – ebenso TÜV-relevant wie die Wirkung der Feststellbremse (eine TÜV-Prüfung ist wie beim PKW alle zwei Jahre vorgeschrieben). Auch die Stoßdämpfer sollten auf Undichtigkeiten überprüft werden. Manche älteren Wohnanhänger verfügen über Gummifederelemente, die mit der Zeit porös werden und dann ersetzt werden müssen. Die Ersatzteilbeschaffung kann hier zum Problem werden.
Mängel an der Elektrik, insbesondere korrodierte Kontakte.
Vorsicht bei der Gasversorgung
Mängel an der Gasversorgung von Heizung, Gasherd und Kühlschrank: Eine Gasprüfung ist übrigens nicht TÜV-relevant, kann aber von Campingplatzbetreibern verlangt werden. Thema Heizung: Alu-Abgasrohre sind mittlerweile verboten, da sie in der Vergangenheit öfter undicht wurden, was zu Vergiftungen führte.
Mit Ausnahme der Auflaufbremsanlage finden sich die beschriebenen Probleme auch bei alten Wohnmobilen. Hinzu kommt hier aber noch die weitaus komplexere Technik von Motor, Getriebe, Lenkung, Fahrwerk, etc. Die Überholung eines Reisemobils ist also ungleich anspruchsvoller als die eines Caravans und setzt fortgeschrittene Technikkenntnisse voraus.
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Das zeitgenössische Zubehör
Für den stilechten Auftritt auf dem Campingplatz legen echte Vintage Camper zudem Wert auf das passende Zubehör. Als da wären:
- Originales Vorzelt und Markisen in zeitgenössischer Optik, oft in orange, grün und braun, gerne wild gemustert.
- Tapeten, Holzinnenverkleidungen, Vorhänge und Lampen(-schirme) im zeitgenössischen Look.
- alte Camping-Tische, -Stühle und Grills
- optisch passende Kühlboxen, Thermoskannen, Tassen und Geschirr
Und wer es ernst meint mit dem Vintage Camping, der kleidet sich selbstverständlich auch der Epoche entsprechend.
Fazit
Die Vintage-Welle verleiht dem Campen mehr Stil. Wobei speziell bei den Modellen der 60er und 70er Jahre auch immer etwas verschmitzter Humor mitfährt. Und das ist gut so, denn der Alltag ist schließlich oft ernst genug.
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