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Carsharing: Die besten Alternativen zum eigenen Fahrzeug

Wer auf Carsharing setzt, spart Kosten. IMTEST erklärt die Vor- und Nachteile.

Verschiedene Ridesharing-Modelle bei der Praxisnutzung im Stadtverkehr: Fahrradfahrer, Leihautos für Carsharing, Motorroller, Sammeltaxi.
© IMTEST, Hersteller

Immer mehr Menschen in den Städten setzen auf Carsharing. Sie verzichten auf ein eigenes Auto oder Fahrrad und nutzen stattdessen Mietfahrzeuge. Vorausgesetzt sie besitzen einen Führerschein, sind alt genug und haben die entsprechende App auf ihrem Smartphone. Für die letzten Kilometer zum Ziel stehen außerdem in vielen Städten Leihfahrräder und Motorroller parat. IMTEST erklärt die Vor- und Nachteile der einzelnen Konzepte.

Verkehr: Deutsche Städte sind überlastet

Die Fortbewegung in deutschen Großstädten hat ihre Tücken. Verstopfte Straßen, überfüllte Bahnen und chaotische Zustände auf viel zu vollen Fahrradwegen sind in Berlin, Hamburg, München, Köln und vielen anderen Metropolen mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme. Dazu kommen oft schlechte, weil zeitfressende Verbindungen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV). Wer diesen Stress minimieren möchte, kann auf ein vielfältiges Angebot an Alternativen zurückgreifen. Man muss sie nur kennen und nutzen.

Das Zauberwort heißt Sharing, zu deutsch teilen. Womit hauptsächlich Mietfahrzeuge gemeint sind. Die per App zu buchenden Autos, Roller und Fahrräder stehen – oder liegen – im Großstadtrevier an nahezu jeder Ecke herum. Und können das mobile Leben erleichtern.



Praxisbeispiele für gelungenes Carsharing

Zwei Beispiele dazu: Der Bus von der U-Bahnstation zum zwei Kilometer entfernten Wohnort fährt tagsüber alle 10 Minuten, spätabends aber nur noch alle 40 Minuten. Da bieten sich das Leihfahrrad oder der Leihroller vor der U-Bahnstation an, wenn es mal später geworden ist und man eine halbe Stunde auf den Bus warten müsste. In dieser Zeit ist man mit dem Fahrrad oder Roller längst zu Hause.

Oder: Wer vom Südosten in den Südwesten oder Nordosten einer Großstadt muss, ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln für eine Strecke von ein paar wenigen Kilometern oft eine Stunde lang unterwegs. Der Grund: Busse und Bahnen fahren fast nirgendwo tangential, sondern immer nur in die Stadt hinein und wieder heraus. Mit dem Carsharing-Auto oder dem gemieteten 45-km/h-Elektroroller dauert die Fahrt stattdessen nur eine Viertelstunde. Und ist für zwei Personen sogar billiger als der ÖPNV.

Leihrad von Call a Bike (Deutsche Bahn) angelehnt an einer Häuserwand.
Call a Bike ist das bundesweite Bikesharing-Angebot der Deutschen Bahn. Es gilt als eines der größten Fahrrad-Leiangebote in Deutschland. © Call a Bike

Freefloating Carsharing – Mietwagen ohne Stationen

Wer sein eigenes Auto nur selten benutzt, weil er beispielsweise lieber mit der U-Bahn oder dem Fahrrad zur Arbeit fährt und seinen Pkw nur ab und zu zum Einkaufen oder für einen Tagesausflug aus der Tiefgarage holt, kann mit dem Umstieg auf Carsharing viel Geld sparen. Denn beim Mietwagen bezahlt man nur die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs pro Kilometer, pro Minute oder pro Tag, aber keine Fixkosten, keine Reparaturen, kein Benzin und keinen Wertverlust.

Die Mietwagen nach dem Freefloating-Prinzip stehen nicht an festen Stationen, sondern sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Wo welches Auto zur Verfügung steht, zeigt die jeweilige App des Anbieters, bei dem man sich angemeldet hat. Neben immer mehr Elektroautos haben einige Unternehmen auch Cabrios oder Transporter im Fuhrpark. Die Preise starten bei 9 Cent pro Minute für einige Promotion-Angebote, realistischer sind Tarife ab 29 Cent pro Minute oder Tagestarife in der Größenordnung von 60 Euro. Wer das Auto abstellt, etwa zum Einkaufen, und danach damit weiterfährt, bezahlt für Standzeit einen geringeren Minutenpreis.

Auto auf einer Brücke vor Altstadthäusern.
Beim Freefloating Carsharing kann das Auto im jeweiligen Stadtgebiet fast überall abgeholt und wieder abgestellt werden. © Share Now

Flatrate-Tarife für Carsharing nutzen

Sparsame und zur Nervosität neigende Menschen, die sich das ständige Auf-die-Uhr-Schauen im Minutentarif ersparen möchten, können bei den meisten Anbietern stattdessen auch Flatrate-Tarife mit einer gewissen Anzahl an Freikilometern buchen. Die Firma Miles rechnet als einer der wenigen Anbieter grundsätzlich nicht nach Minuten, sondern nur nach gefahrenen Kilometern ab. Das reduziert den emotionalen Stress erheblich, wenn man im Stau steht.

Nachdem das Auto gebucht und gefunden wurde, wird es entriegelt und mit der App gestartet. Das Abstellen funktioniert auf die gleiche Weise. Die meisten Carsharing-Autos dürfen im Stadtgebiet auf öffentlichen Parkplätzen umsonst parken. Die Parkplätze müssen allerdings im Freien liegen, denn in Tiefgaragen und Parkhäusern haben Smartphones oft keinen Empfang. Dort ließe sich das Auto dann weder auf- noch zusperren.

Freefloating Carsharing wird hauptsächlich in Großstädten angeboten. Den Markt dominieren (noch) die fünf großen Anbieter ShareNow, Miles, Free2Move, Sixt share und WeShare, deren Fahrzeuge in insgesamt sieben Großstädten und einigen Umlandgemeinden dieser Städte unterwegs sind. Free2Move will jetzt seinen Mitbewerber ShareNow übernehmen und so zum größten Mobilitäts-Anbieter Europas aufzusteigen. Die Übernahme ShareNow würde die bestehende Flotte von Free2Move um mehr als 10.000 Fahrzeuge in 14 europäischen Großstädten erweitern. Bisher umfasst die Carsharing-Flotte von Free2move noch 2.500 Fahrzeuge.



Stationsbasiertes Carsharing – Mietwagen klassisch

Ob der Transporter für den Umzug, der Pkw für die Urlaubsreise, das Elektroauto zum Ausprobieren oder der offene Sportwagen für den Wochenendausflug: Das klassische Mietwagenkonzept ist seit Jahrzehnten etabliert und steht im Gegensatz zum Prinzip Freefloating Carsharing auch Bewohner*innen kleinerer Städte zur Verfügung.

Am günstigsten fährt, wer sein Auto nach der Miete an derselben Station wieder abgibt, an der er es abgeholt hat. Aber auch Einwegmieten zur Fahrt in eine andere Stadt oder von und zum Flughafen sind bei den großen Anbietern wie Sixt, Hertz, Avis oder Europcar kein Problem, kosten aber Aufpreis.

Neben diesen rein kommerziell agierenden internationalen Platzhirschen und vielen regionalen und lokalen Mietwagenfimen gibt es einige wenige Alternativen, die das Geschäftliche mit sozial-ökologischem Engagement verbinden. Diese Anbieter existieren oft schon seit Jahrzehnten und sind die Keimzelle des Carsharing-Prinzips als Ersatz für das eigene Auto.

Carsharing mit sozialer Note

Ein Beispiel dafür ist Stattauto in München. Das Unternehmen ist Teil einer gemeinnützigen Organisation und beschäftigt bevorzugt Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt wenig Chancen haben. Als Kunde bezahlt man eine einmalige Kaution von 500 Euro und eine Aufnahmegebühr von 40 Euro. Wer ein Abo für den ÖPNV hat, zahlt davon jeweils nur die Hälfte. Dazu kommt ein Monatsbeitrag von 6 Euro. Die Miete des Autos ist dann günstiger als bei den kommerziellen Anbietern, zum Beispiel 31,50 Euro für einen Mittelklasse-Pkw oder 28 Euro für einen Kleinwagen pro Tag inklusive 100 Freikilometern.

Ein Tipp ganz unabhängig von der Art des Carsharings und des Anbieters: Grundsätzlich sollte man vor dem Einsteigen in ein gemietetes Fahrzeug einmal darum herumgehen, es genau auf Schäden wie Kratzer oder Beulen untersuchen und prüfen, ob diese bereits dokumentiert sind. Ist das nicht der Fall, kann es bei der Rückgabe des Autos zu teuren Überraschungen kommen.

Moia-Sammeltaxi auf Straße in Hamburg vor Elbphilharmonie.
Das Prinzip Sammeltaxi hat sich bisher deutschlandweit noch nicht durchgesetzt. MOIA in Hamburg und Hannover ist der letzte verbliebene kommerzielle Ridepooling-Anbieter. © Moia

Scootersharing – Mietroller

Statt eines Carsharing-Autos kann der 45 km/h schnelle Motorroller die bessere und schnellere Lösung für eine Fahrt in der Stadt sein. Er ist wendig, leicht zu parken und darf mit dem Autoführerschein gefahren werden. In Großstädten gibt es einige App-basierte Angebote von Roller-Anbietern, die nach dem Freefloating-Prinzip funktionieren. Die App zeigt an, wo der nächste Roller steht, den man ebenfalls per App startet, anschließend am Zielort vor der Haustüre abstellt und dies wiederum per App kundtut. Die meisten dieser Motorroller sind elektrisch angetrieben, ums Aufladen der Batterien kümmert sich der Betreiber. Der vorgeschriebene Sturzhelm liegt im Helmfach des Rollers bereit.

Zwei Personen fahren auf einem E-Roller.
Der gemietete 45-km/h-Roller ist oft schneller als das Carsharing-Auto, aber nicht billiger. © Emmy

Elektroroller-Leihen gehen schnell ins Geld

Billig ist der Spaß allerdings nicht. Pro Minute kassieren Anbieter wie emmy in Berlin, Hamburg und München rund 25 Cent, pro Tag 27 Euro. Im Vergleich zu günstigen Carsharing-Autos kostet das Rollerfahren eher mehr als weniger.

Auch die kleinen Ausführungen der Elektroroller gehen auf Dauer ganz schön ins Geld. Die Anbieter der 20 km/h schnellen Elektro-Gefährte, die aussehen wie Tretroller, verlangen meist 1 Euro Grundgebühr pro Miete und 15 bis 20 Cent pro Minute während der Fahrt.

Die ursprünglich für „die letzte Meile“ zum Zielort gedachten E-Scooter haben sich nie ernsthaft als solche etabliert, sondern dienen hauptsächlich jungen Touristinnen und Touristen als Spaßvehikel. Kein Wunder, sie dürfen ab einem Alter von 14 Jahren ohne Führerschein und ohne Helm gefahren werden. Losfahren und Abstellen funktionieren grundsätzlich nach dem Freefloating-Modell innerhalb des Stadtgebiets. Die bekanntesten Anbieter heißen Lime, VOI, TIER und Bird, jeder davon hat seine eigene App. Vertreten sind die kleinen Gaudi-Roller in vielen deutschen Großstädten.



So funktioniert Bikesharing (Mietfahrräder)

Leihfahrräder am Bahnhof haben eine lange Tradition. Seit 1997 stehen sie an vielen Zug- und S-Bahnstationen. Inzwischen heißt das Fahrradangebot der Bahn Call a Bike und wird in mehr als 40 Städten in Deutschland angeboten. Je nach Stadt in einer von zwei Varianten: Entweder im Freefloating-System oder stationsgebunden. Dann müssen die Fahrräder am Bahnhof abgeholt und dort auch wieder zurückgegeben werden. Beides funktioniert per App über ein Zahlenschloss am Fahrrad. Die Preise: 1 Euro pro 30 Minuten, maximal 9 Euro für 24 Stunden.



Neben der Bahn AG bieten auch viele Stadtwerke wie beispielsweise die Münchner Verkehrsgesellschaft MVG vergleichbare Angebote zu ähnlichen Tarifen. Je nach Stadt ebenfalls entweder im Freefloating-Modus oder mit festen Stationen, die meist an den ÖPNV gebunden sind. Bikesharing ist praktisch und preiswert: Wer direkt nach der U-Bahnfahrt aufs Freefloating-Leihfahrrad umsteigt, ist schnell zu Hause und bezahlt dafür gerade mal 1 Euro.

Carsharing, Ridepooling, Bikesharing: Teilen für viele

Großstadtbewohnerinnen und -bewohner können auf zahlreiche Alternativen zum eigenen Auto in Form von Sharing-Angeboten zurückgreifen: Fahrrad, Roller oder Auto teilt man sich mit anderen und bezahlt nur für die Nutzung. Voraussetzung dafür sind die entsprechenden Apps und genügend Strom im Smartphone. Wer clever ist, meldet sich bei allen verfügbaren Sharing-Anbietern in seiner Stadt an und kann so bei Bedarf immer auf die günstigsten Tarife und aktuellen Sonderangebote zugreifen.

IMTEST- Redakteur Horst Schröder vor Hintergrund (Hamburg)

Als festangestellter Redakteur im Ressort Future Mobiltiy testet Horst Schröder für IMTEST E-Bikes, Gravelbikes, E-Scooter sowie E-Autos. Passend dazu testet er diverse Zubehör-Produkte wie Fahrradträger oder Dachboxen. Neben Tests und Ratgebern rund um Gesundheitsthemen oder Online-Dienste etwa für Daten-Speicherung (Cloud), erstreckt sich die Expertise des ausgebildeten Print- und Online-Redakteurs zudem über das Thema Camping. Dieses begleitet er mit Tests von Reisemobilen, Camper-Vans und Zubehör wie Zelten oder Softshell-Jacken. Vor seiner Tätigkeit bei IMTEST arbeitete er als Inhaber eines Redaktionsbüros (Print und Online) freiberuflich unter anderem als Testredakteur für die Computerbild. Neben Technik-Themen aller Art, ist für den Bulli-Fahrer die weite Outdoor-Welt eine Passion. Sie erreichen ihn via E-Mail.