Laufschuhe: Bedürfnisse verändern sich
Es war 2012, ich war lange Jahre nicht gelaufen, bereit zum Neustart, bereit für neue Laufschuhe. Als ich im Sportladen vor dieser enormen Wand mit Laufschuhen stand, war ich komplett verloren. Alles sah irgendwie gleich aus: Blau, Silber, im besten Fall mal ein Rot, die Formen alle ähnlich, ich wollte aufgeben. Um ehrlich zu sein: Ich verdanke mein Loslaufen eigentlich nur der kompetenten Verkäuferin in einem Laufladen. Sie gab mir wertvolle Tipps, um ein Modell zu finden, das für mich – jedenfalls für den Laufeinstieg – funktionierte. Im Laufe der Jahre hat sich meine Schuh-Nutzung komplett geändert. Immer wieder habe ich den Schuh meinen Bedürfnissen angepasst. Und deshalb die wichtigste Botschaft vorab: Es gibt sie nicht, die perfekten oder besten Laufschuhe der Welt.
Passendes Schuhwerk von Tagesform und Wetter abhängig
Hersteller suggerieren oft, sie hätten die perfekten Laufschuhe, aber vieles davon ist Marketing. Und das ist zunächst ja völlig legitim. Wenn man einmal kurz überlegt: Warum sollte es den perfekten Laufschuh auch geben? Bleiben wir beim Thema Schuh. Wer kennt das nicht, Montags fühlt man sich am Morgen eher nach einem schicken Business-Schuh, Dienstags brauchen die Füße Erholung, und man entscheidet sich für den bequemen Sneaker. Am Mittwoch schneit es, und es werden die festen Boots aus dem Regal gezogen. Warum sollte das beim Laufen anders sein?
Hersteller mit unterschiedlichen Schuh-Konzepten
Jeder Hersteller setzt auf ein ganz eigenes System, eigene Mechaniken, eigene Philosophien bei Laufschuhen. Der Gründer der Schweizer Marke „On“, Olivier Bernhard sagte mir einmal: „Ich habe nie verstanden, warum es bei den Laufschuhen immer darum ging Verletzungen zu verhindern, Leiden wie etwa Knieprobleme durch mehr Dämpfung zu relativieren. Ich wollte deshalb Schuhe entwerfen, die dem Fuß Raum und Platz geben, gesund zu bleiben. Das Positive zu unterstützen, Freude zu machen. Anstatt Probleme zu beheben“.
Der Weltmarktführer Brooks setzt hingegen seit vielen Jahren auf das „Run Happy“-Konzept. Sie bauen Schuhe, um vor allen Dingen die Freude an der (laufenden) Bewegung zu unterstützen. Dabei hat die Marke immer einen höchst wissenschaftlichen, biomechanischen Background. Nike hingegen setzt auf das Konzept „Lifestyle Laufen“, und sehr stark auf den Leistungsgedanken.
Die passenden Laufschuhe finden
Einen Schuh sollte man sich jedoch nie nach Haltung der Marke aussuchen. Der langjährige Leiter der Biomechanik an der Sporthochschule Köln, Prof. Brüggemann, hatte bereits vor vielen Jahren die richtige Idee: Nehmen Sie sich drei, vier oder fünf verschiedene Laufschuhe im Laden vor, schlüpfen Sie in jeden Schuh hinein. Der Schuh, in dem Sie sich spontan am wohlsten fühlen, ist sehr sicher der richtige für Sie. Brüggemann hat wissenschaftlich nachweisen können, dass diese recht simpel anmutende Methode wohl die effektivste ist.
Unstrittig ist, dass es gut ist, den eigenen Schuhtest am Nachmittag durchzuführen. Denn die Füße verändern über den Tag ihre Form, gegen Abend schwellen sie sogar an. Füße sind oftmals unterschiedlich lang. Der längere ist maßgeblich für die richtige Passgröße des Schuhs. Zwischen der Spitze des großen Zehs und der Schuhspitze sollte ein Daumen breit Platz sein. Wenn Sie sich für einen Schuh entschieden haben denken Sie jedoch bitte nicht, dass es damit getan ist. Mein Tipp: Ideal sind drei verschiedene paar Laufschuhe.
Laufschuhe: Darum am besten drei Paar kaufen
Drei Paar Laufschuhe für eine Person? Diese Empfehlung hat mehrere Gründe: Ähnlich wie bei meinem Beispiel zu den normalen Straßenschuhen, ist es immer eine gute Idee vor dem Lauf alle drei Laufschuhe auszuprobieren. Das Paar in dem Sie sich wieder am wohlsten fühlen, ist das Schuh-Paar des Tages. Man fühlt sich jeden Tag anders. Manchmal ist einem vielleicht nach einer schnellen kurzen Laufrunde. Zwei Tage später mag man lieber den langen langsamen Lauf, am Wochenende will man eventuell steinige und wurzelige Waldwege mit viel Matsch versuchen. Je nach Laune braucht es das richtige Material an den Füßen.
Dazu kommt, dass nicht nur Sie sich vom Laufen erholen müssen. Auch die Laufschuhe brauchen das. Sie müssen trocknen, das Material muss sich erholen, dafür braucht es ein oder zwei Tage. Somit ist es in jedem Fall eine gute Idee, gerade vom Lieblingsschuh ein Wechselpaar zu besitzen. Nach 700 bis 1000 Kilometern hat ein Laufschuh das zeitliche gesegnet. Das sollten Sie wissen. Ich finde das wunderbar, denn so kommt man in den Genuss von neuen Schuhen. Und gerade neues Material ist ein irre guter Motivator.
Laufschuhe als Investition in die Gesundheit
„Wer soll sich das leisten können“, höre ich dann sehr oft. Ja, drei verschiedene Laufschuhe sind schon eine Investition. Es kommen leicht 400 bis 600 Euro zusammen. Manchmal gibt es jedoch auch Auslaufmodelle, manchmal gibt es Aktionen. Am Ende investieren Sie ca. 50 Euro pro Monat in ihre Gesundheit. Ich kann mir keinen besseren Invest vorstellen.
Im nächsten Teil des Lauf-Specials von IMTEST geht es um das Thema Ernährung. Vegan, Fasten, Nahrungsergänzungsmittel: Es gibt viele Ernährungsgurus, die wissen wollen, mit was man am besten läuft. Mike Kleiß klärt auf, weshalb es egal ist, was man isst.