Genau genommen gibt es das Betreuungsgesetz gar nicht. Es ist ein Teil des Familienrechts, nennt sich rechtliche Betreuung und ist in den Paragraphen 1896 bis 1908 i im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu finden. Das Recht bietet die Möglichkeit der persönlichen Vorsorge. Jeder Bürger kann bestimmen, von wem und wie er im Notfall versorgt werden möchte. Dazu ist es möglich, eine Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung oder Patientenverfügung zu verfassen und gegebenenfalls Bankvollmachten zu erteilen.
Inhaltsverzeichnis
Patientenverfügung rechtzeitig erstellen
Für viele Menschen ist es schwierig, eine Patientenverfügung zu erstellen, weil sie noch keine Details festlegen können. Sie wissen nicht, an welcher Krankheit sie irgendwann einmal leiden werden, welche Einstellung sie dazu im Laufe der Zeit entwickeln und welche Fortschritte die Medizin machen wird. Hilfreich ist in diesen Fällen eine rechtliche Beratung bei der Formulierung, damit der Patientenwille unmissverständlich zu Papier gebracht wird, und dieser im Notfall von den Ärzten umgesetzt und von den Gerichten anerkannt wird.
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Wer sich noch nicht auf Details festlegen will, sollte wenigstens eine Vorsorgevollmacht ausfüllen und darin eine vertraute Person benennen, die im Notfall entsprechend Entscheidungen treffen kann. “Bei einem plötzlichen Krankenhausaufenthalt brauchen wir dringend eine Vollmacht des Patienten, in dem er einen Angehörigen oder eine vertraute Person benennt, die ihn in allen Fragen der Gesundheitssorge vertreten soll, Operationen zustimmen kann und dem wir Auskünfte geben dürfen”, erklärt Dr. Ann-Kathrin Meyer. Die Vorsorgevollmacht ist schnell verfasst und unterschrieben. “Bei lebenserhaltenden Maßnahmen können wir zwar ohne Vollmacht handeln, aber bei allen anderen Behandlungen müssen wir, wenn keine Vollmacht vorliegt, das Vormundschaftsgericht einschalten. Das kann notwendige Operationen und weitere medizinische Behandlungen verzögern”, erklärt die Fachärztin für Innere Medizin und Altersheilkunde (Geriatrie).
Achtung: Die Betreuungsbehörde bietet die Möglichkeit der Beratung und kann anschließend die Vorsorgedokumente für 10 Euro öffentlich beglaubigen. Unter den Suchbegriffen “Öffentliche Beglaubigung” und “Betreuungsbehörde” sind im Heimatort die zuständigen Stellen zu finden.
Hilfreich ist das Onlinelexikon Betreuungsrecht.
Die Vorsorgevollmachten können im Internet bei der Bundesnotarkammer hinterlegt werden. Die Kosten dafür liegen zwischen 13 und 18,50 Euro.
Vorsorgevollmacht braucht Bankvollmacht
In der Vorsorgevollmacht wird eine Person genannt, die mein größtmögliches Vertrauen genießt. Dieser Freund oder Familienangehörige kann dann in meinem Sinne handeln. Das Betreuungsgericht bleibt außen vor. Allerdings werden von zahlreichen Banken die Vorsorgevollmachten nicht akzeptiert, parallel sollten daher Kontovollmachten erteilt werden. Falls Grundstücke oder Immobilien verkauft werden müssen, um etwa die Pflegekosten im Altenheim bezahlen zu können, sollte die Vorsorgevollmacht notariell beurkundet sein. Es genügt aber auch eine einfache öffentliche Beglaubigung.
Die Vorsorgevollmacht ist schnell ausgefüllt. Damit ist der Sohn oder die Tochter bevollmächtigt, zum Beispiel Rechnungen für einen Pflegedienst oder ein Altenheim zu bezahlen. Doch immer wieder werden Vollmachtnehmer bei den Banken abgewiesen, so auch Tochter Petra W. Mit dem Hinweis auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen haben sich die Mitarbeiter geweigert, Geld vom Girokonto oder Sparbuch der an Demenz erkrankten Mutter auszuzahlen.
Die 52-jährige Tochter musste dann auf ihr eigenes Sparvermögen zurückgreifen, um die Rechnungen für das Altenheim und die Wohnungsauflösung zu bezahlen, insgesamt 15.000 Euro innerhalb von vier Monaten. Der Weg über die Vorsorgevollmacht ohne Bankvollmachten führte entsprechend häufig in eine Sackgasse. Petra W. blieb somit nichts anderes übrig, als eine Betreuung beim Betreuungsgericht zu beantragen. Doch das dauerte. Inzwischen ist Petra W. vom Amtsgericht als ehrenamtliche Betreuerin für ihre Mutter eingesetzt worden und kann jetzt bei der Bank im Sinne der Mutter handeln.
Vorsorgevollmacht plus Bankvollmachten sind sinnvolle Maßnahmen. Voraussetzung ist jedoch größtmögliches Vertrauen gegenüber dem Vollmachtnehmer.
Häusliche Pflege: Sach- und Geldleistungen
Zur Pflege gibt es Sachleistungen und Geld von der Krankenkasse.
Eine Betreuungsverfügung braucht Vertrauen
In der Betreuungsverfügung wird ebenfalls eine vertrauenswürdige Person vorgeschlagen. Im Betreuungsfall entscheidet dann ein Betreuungsrichter beim Amtsgericht und setzt diesen Angehörigen als Betreuer ein. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann dieser Wunsch abgelehnt werden. Im Gegensatz zur Vorsorgevollmacht muss der Angehörige dem Gericht gegenüber Rechenschaft über seine Tätigkeit ablegen.
Große Sorgen haben Alleinstehende, die niemanden haben, der diese verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen kann. Sofern es keinen Angehörigen gibt, setzt das Betreuungsgericht einen Betreuer ein. Allerdings kann man sich den nicht vorher aussuchen, denn den bestimmt das Gericht. Die Betreuung durch einen Profi hat einen großen Vorteil: Hermann Middendorf hat als Betreuer 24 Jahre Berufserfahrung. Aktuell übernimmt der 50-jährige Sozialpädagoge für rund 50 Menschen die gesetzliche Betreuung. Etwa die Hälfte davon lebt in der eigenen Wohnung, die andere Hälfte in stationären Einrichtungen. “Ich habe acht bis zehn Häuser, die ich genau kenne und mit denen ich gute Erfahrungen gemacht habe.”
Der vorliegende Text stammt aus dem Ratgeber “Der Pflegekompass” von Jochen Mertens e.K., erstmals erschienen 2021 bei der Funke Mediengruppe.
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