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Bowers & Wilkins Pi7 S2 im Test: So klingen die Premium In-Ears

Was bieten die neuen 400-Euro-Kopfhörer von Bowers & Wilkins? Mehr als hochwertigen Klang und erstklassiges Design? Der Test klärt auf.

Bowers & Wilkins Pi7 S2 Großaufnahme
© Bowers & Wilkins

Vor mehr als einem Jahr stellte Bowers & Wilkins zwei neue drahtlose Kopfhörer vor: den PI5 und den PI7. Beide boten unterschiedliche Klangprofile, wiesen aber ein ähnliches Design und ähnliche Funktionen auf. Der Pi7 wurde als das neue Flaggschiff beworben, entsprechend hoch fiel der Preis aus. Jetzt setzt B&W die Serie mit dem neuen Pi7 S2 fort. Mit der neuen Version des PI7 verspricht B&W noch besseren Sound und Bluetooth-Konnektivität. Mit einer UVP von 399 Euro zählt er zu den teuersten In-Ears überhaupt. Angesichts dessen erwartet IMTEST Spitzenklang, effektive Geräuschunterdrückung, hohen Tragekomfort, lange Akkulaufzeit, eine vollwertige App und eventuell noch ein paar Extras. Kann der B&W Pi7 S2 diese Erwartungen erfüllen? Der Test gibt Aufschluss.

Produktdetails

  • Preis: 399 Euro
  • Akkulaufzeit: 4 Stunden mit ANC
  • Nach IP54 vor Spritzwasser geschützt

B&W Pi7 S2: Nicht alles Premium

Der erst Eindruck, beim Begutachten des Ladecases, fällt durchwachsen aus. Nicht nur, dass es sehr groß ausfällt, und so eine dicke Beule in der Hose erzeugt, auch die Verarbeitung entspricht nicht dem, was man von einem Produkt der 400-Euro-Klasse erwartet. Weder Material noch Verarbeitung sind vom Feinsten. So besteht das Gehäuse aus billig wirkendem Kunststoff, die Klappe hat Spiel und bereits nach wenigen Wochen im Einsatz zeigen sich Gebrauchsspuren wie Kratzer.

B&W Pi7 Ladecase im Vergleich
Das Ladecase ist im Vergleich zum Gehäuse der JBL Live Flex (rechts) ein echter Klopper. Das des Sennheiser TW3 (links) fällt ebenfalls groß aus. © IMTEST

B&W Pi7 S2: Macht fast jedes Gerät Bluetooth-fähig

Eine Erklärung für die ungewöhnlich großen Abmessungen des Gehäuses des Pi7 S2: Es lässt sich als “Retransmitter” einsetzen. Bowers & Wilkins nennt die Funktion „Wireless-Audioübertragung“. Zu diesem Zweck befinden sich in der Verpackung ein USB-C-zu-USB-C-Kabel sowie ein 3,5-mm-zu-USB-C-Kabel. Steckt man das USB-C-Ende eines der beiden Kabel in die Ladeschale des Pi7 und das andere Ende in eine Musikquelle wie ein Notebook, überträgt die Ladeschale den Ton im aptX Low Latency Standard an die In-Ear-Kopfhörer. Zweifellos ein in bestimmten Situationen sehr praktisches Alleinstellungsmerkmal. So sind drahtlose Verbindungen zu jedem analogen Audiogerät möglich, beispielsweise Unterhaltungssystemen in Flugzeugen, zu Spielkonsolen, alten MP3-Playern und vielem mehr. Die Kopfhörer verfügen darüber hinaus in diesem Modus über eine Bluetooth-Repeater-Funktion, die es möglich macht, den Ton auf einen anderen B&W Bluetooth-Kopfhörer zu übertragen. Leider ist das Case aber nicht in der Lage, die Pi7 S2 UND einen anderen Kopfhörer gleichzeitig zu bespielen.

Pi7 S2 mit Switch
Durch die Funktion „Wireless-Audioübertragung“ macht das Ladecase der Pi7 S2 zum Beispiel die Nintendo Switch Bluetooth-fähig. © IMTEST

B&W Pi7 S2: Mäßige Akkulaufzeit

Die In-Ears selbst wirken im Vergleich zum Case deutlich hochwertiger. Sie sind insgesamt recht groß, ähnlich der Form des Sennheiser Momentum True Wireless 2, aber eher kapsel- als tropfenförmig. Die Mikrofone und das runde, kapazitive Steuerkreuz oberhalb des Treibergehäuses sind mit gebürsteten Metalloberflächen versehen und wirken sehr edel. Über die Passform lässt sich ebenfalls Gutes berichten. Die bei solchen Designs übliche “Twist-and-Lock”-Technik sorgte bei verschiedenen Testern für einen sicheren Sitz. Und auch bei längerem Hören fühlten sich die 7 Gramm leichten In-Ears stets angenehm an. Ebenfalls gut: Die Stecker sind nach IP54 klassifiziert, also spritzwassergeschützt. Das Gehäuse selbst sollte allerdings nicht in die Nähe von Flüssigkeit geraten.

Bowers & Wilkins Pi7 S2 Detailaufnahme
Die Stöpsel an sich hinterlassen einen sehr hochwertigen Eindruck. © IMTEST

Nicht so gut dagegen: Die Akkulaufzeit der Pi7 S2-Kopfhörer beträgt bei voller Ladung und aktiviertem ANC nur rund vier Stunden. Das Gehäuse hält weitere vier Ladungen bereit, so dass Nutzer nach 20 Stunden wieder eine Stromquelle oder eine kabellose Qi-Ladematte benötigen. Das ist akzeptabel, aber alles andere als erstklassig. Immerhin: Nach zehn Minuten Schnellladung über den USB-C-Anschluss stehen wieder zwei Stunden Spielzeit bereit.

B&W Pi7 S2: App & Bedienung

Auch die Bedienung hinterlässt keinen Premium-Eindruck. Zwar funktionieren die berührungsempfindlichen Bedienelemente an beiden Steckern zuverlässig und schnell. Auch sind grundlegende Funktionen wie Wiedergabe/Pause, Skippen, Zugriff auf die Sprachassistenten und An- und Abschalten der Geräuschunterdrückung möglich. Allerdings fehlen zwei wichtige Funktionen. Erstens ist es nicht möglich die Lautstärke mit den Bedienelementen am Ohr des PI7 S2 zu regeln. Das funktioniert ausschließlich über den Sprachassistenten oder über die Lautstärkeregler der Quelle.



Zweitens fehlt die direkte Möglichkeit, den Ambient Mode zu aktivieren, der Umgebungsgeräusche durchlässt. Wer also mit dem Pi7 S2 im Ohr ein kurzes Gespräch führen oder einer Durchsage lauschen will, muss entweder die In-Ears aus dem Ohr fummeln oder den Ambient Modus über die  Bowers & Wilkins Music-App aktivieren. Beides ist umständlich. Apropos App: Die App ist nicht nur die einzige Option, die Umgebungsgeräusche per Schieberegler zu aktivieren. Sie bietet auch die Möglichkeit, Verbindungen zu verwalten, Updates durchzuführen und den Akkustand zu überprüfen. Funktionen wie Equalizer, Such-Funktion oder Konfiguration der Steuerung fehlen. Obendrein ist es nicht möglich, nur einen Stecker zu verwenden und die Pi7 S2 mit mehreren Geräten gleichzeitig zu verbinden. Alles in allem also ebenfalls alles andere als Premium.

B&W Pi7 S2: ANC mit Luft nach oben

Das gleiche gilt auch für die aktive Geräuschunterdrückung (ANC). Die lässt sich wahlweise ein- oder ausschalten oder im Automatikmodus betreiben. In diesem Fall passen die In-Ears den ANC-Pegel an die Umgebung an – beispielsweise nützlich, um das Dröhnen im Flugzeug zu reduzieren. Insgesamt arbeitet die Geräuschunterdrückung zwar ordentlich, andere Produkte wie Air Pods Pro von Apple sind in dieser Beziehung aber eine Klasse besser. So ist der Pi7 S2 zum Beispiel nicht in der Lage, Geräusche zu wie Staubsauger oder Waschmaschinen in den eigenen vier Wänden wirkungsvoll zu unterdrücken.

Top-Sound, aber kein Equalizer

Die In-Ears sind jeweils mit zwei Treibern ausgestattet: einen Dynamiktreiber für die hohen Frequenzen und einem dynamischen 9,2-mm-Treiber für die Mitten und Bässe. Jeder hat seinen eigenen Verstärker. Dieses Setup, zusammen mit der Unterstützung für hochauflösende Bluetooth-Codecs und einem Frequenzbereich von 10 Hz bis 20 kHz, trägt dazu bei, dass die Pi7 in Sachen Klang definitiv zum Besten zählen, was es derzeit auf dem In-Ear-Markt gibt.  Egal ob bei Rock, Hip Hop, Techno oder Klassik: die Pi7 S2 kommen mit jedem Musikstil zurecht.

Insgesamt ist der Sound kraftvoll und neigt auch nicht bei hoher Lautstärke zum Verzerren. Anders als man es von teuren Kopfhörern erwarten würde, verstärkt der Bowers & Wilkins Pi7 S2 tiefe und hohe Frequenzen deutlich. Die tiefen Mitten nehmen einen beträchtlichen Raum im Frequenzgang ein und auch Vocals stechen klar und deutlich heraus. Da die Begleit-App wie erwähnt über keinen Equalizer verfügt, lässt sich dieser Umstand nicht ändern. Allerdings überdeckt dieser Umstand nicht andere Aspekte von musikalischen Arrangements. Insgesamt sind Pi7 S2 gut ausbalanciert. Instrumente hören sich im Mitteltonbereich überraschend gut definiert an.

Fazit

Keine Frage: Die Bowsers & Wilkins Pi7 S2 zählen zu den am besten klingenden True Wireless-Produkten auf dem Markt. Sie sehen darüber hinaus edel aus, sitzen gut und verfügen mit der Wireless-Audioübertragung über ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Auf der Negativseite stehen die große Ladeschale, Bedienungsschwächen und die nur durchschnittliche Akkulaufzeit. Wer also auf die kabellose Audioübertragung verzichten kann, bekommt bei der Konkurrenz mehr für sein Geld.

  • PRO
    • Sehr guter Klang. Alleinstellungsmerkmal “Wireless Audioübertragung”.
  • KONTRA
    • Angesichts des hohen Preises übersichtliche Ausstattung.

IMTEST Ergebnis:

gut 2,4

Nils Matthiesen

Testet als freier Mitarbeiter für IMTEST schwerpunktmäßig IT-Produkte, wie Notebooks und Computerzubehör. Auch Wearables, wie Sportuhren und Ohrhörer gehören in sein Test-Repertoire. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet Nils Matthiesen als Technik-Journalist: Anfangs als fester Redakteur beim Computerverlag Data Becker (u.a. PC Praxis), später als selbständiger Journalist für Verlage wie Axel Springer (Computerbild), Spiegel und Handelsblatt. Neben Technik nimmt vor allem Sport viel Raum im Leben des Familienvaters ein. Sie erreichen ihn via E-Mail.