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Motorola Thinkphone im Test: Premiere in der Oberklasse

Der Test klärt, ob das ThinkPhone mit den ganz Großen mithalten kann.

Das Motorola ThinPhone steht mit dem Display nach vorne gewandt auf dem Tisch.
© IMTEST

Apple, Samsung, Google: Unter anderem diese drei Unternehmen sind bei Smartphones im oberen Preissegment die großen Mitspieler. Aktuell erfreuen sich neben dem iPhone 14 das Samsung Galaxy S23 und das Google Pixel 7 samt weiterer Varianten großer Beliebtheit. Dennoch wagen sich weitere Hersteller auf das High-End-Parkett. Nun macht Lenovo gemeinsam mit dem zugehörigen Hersteller Motorola seinen ersten Schritt. Denn mit dem ThinkPhone by Motorola steht bereits das erste Smartphone zum Kauf bereit. Kostenpunkt: 999 Euro. Womit das Smartphone punktet, welche Schwächen es gibt und wie es gegen die Konkurrenz abschneidet, verrät der Test.



Eckdaten im Überblick

Das sind die technischen Daten des Motorola ThinkPhone im Überblick.

  • Schlichtes Gehäuse mit mattschwarzer Rückseite aus Kunststoff, bei 189 Gramm
  • Bildschirm mit 6,6 Zoll Diagonale, OLED-Technik, Auflösung von 2.400 x 1.080 Pixeln, Bildwiederholrate von 144 Hertz, adaptiv bis zu 120 Hertz
  • Hauptkamera: 50 Megapixel 
  • Prozessor: Snapdragon 8+ Gen. 1
  • Speicher: 256 Gigabyte, nicht erweiterbar
  • Preis: 999,99 Euro (UVP)

Robuste Schale in Mattschwarz

Dass das Motorola ThinkPhone ins Premium-Segment gehört, ist schon auf den ersten Blick ersichtlich. Das Gehäuse aus Kunststoff ist wertig verarbeitet. Wie beim Samsung Galaxy S23 sowie beim iPhone 14 sind die Kanten rund und die Ränder nicht abgerundet, wie etwa beim Google Pixel 7 Pro. Das Design ist jedoch um einiges schlichter. Motorola und Lenovo haben sich für ein gestreiftes Äußeres in Mattschwarz entschieden. Damit erinnert das Handy an die ThinBooks und ThinkPads, die auch in Deutschland erhältlich sind.

Doch nicht nur das: Auf der linken Seite springt dem Nutzer auch noch eine rote Taste entgegen, die laut Hersteller an die Trackpoint-Mitteltaste der Notebook-Reihe erinnern soll. Diese lässt sich individuell mit einer Funktion belegen, sodass man darüber beispielsweise Apps wie WhatsApp schnell aufrufen kann.

Das ThinkPhone steht auf einem Tisch.
Schlicht: Viel Farbe kommt beim Motorola ThinkPhone nicht ins Spiel. © IMTEST

Darüber hinaus gibt es noch einen Fingerabdruckleser und die Möglichkeit, das Handy via Gesichtserkennung zu entsperren. Die dafür nötige Selfie-Kamera ist gut versteckt, die Notch fällt nicht groß auf. Mit seinem Gehäuse bringt das Handy 189 Gramm bei einer Größe von 6,6 Zoll auf die Waage. Somit reiht es sich eher in die Riege der großen Premium-Smartphones ein – dennoch ist es minimal kleiner als beispielsweise das 6,8 Zoll große Honor Magic5 Pro. Somit steht reichlich Platz auf dem Bildschirm zur Verfügung – und in die Hosentasche passt es auch noch problemlos.

Eine Detailaufnahme des Motorola ThinkPhone, die den roten Knopf zeigt.
Springt direkt ins Auge: der rote Knopf, der links aus dem schmalen Gehäuse herausragt. © IMTEST

Erfreulich ist auch, wie robust das Gehäuse ist. Das zeigt die IP68-Zertifizierung, ein gängiger Standard für Tablets, Kopfhörer und auch Smartphones. Dadurch ist das Handy bis zu einem gewissen Grad wasserdicht und gut gegen Staub geschützt.



Display: So richtig flüssig

Das 6,6 Zoll große Display löst Inhalte mit 2.400 x 1.080 Bildpunkten auf – das ist mittlerweile Standard, bei Top-Smartphones aber auch nicht ungewöhnlich. Genauso verhält es sich mit dem Einsatz der Display-Technik OLED. Selbstleuchtende Leuchtdioden (auch OLEDs genannt) verleihen dem Bild durch eine perfekte Schwarzdarstellung ein sehr gutes Kontrastverhältnis. Gerade beim Abspielen von dunklen Szenen fällt dies positiv auf. Auf der anderen Seite ist der Bildschirm auch in der Lage, sehr hell zu strahlen: Im Testlabor erreichte das Motorola ThinkPhone in der Spitze einen Wert von 1.155 Candela pro Quadratmeter (cd/qm). Damit liegt es über dem iPhone 14 und nur knapp unter dem Samsung Galaxy S23, welches unter gleichen Voraussetzungen 1.190 cd/qm erreichte.

Das Motorola ThinPhone steht mit dem Display nach vorne gewandt auf dem Tisch.
Die Bildschirmränder sind schmal und die Aussparung für die Frontkamera ist dezent gehalten. © IMTEST

Dieses hohe Niveau kann das ThinkPhone jedoch nicht bei der Farbtreue halten. Beim erweiterten Farbraum DCI-P3 haben die Prüfer einen Delta-E-Wert von 5,35 gemessen. Somit werden Farben leicht verfälscht dargestellt – was jedoch nur Profis auffallen dürfte. Bei der Bildwiederholrate lässt das Motorola ThinkPhone jedoch seine Muskeln spielen: Der Bildschirm ist in der Lage, 144 Bilder in der Sekunde (Hertz) darzustellen. Dadurch wirkt die Bedienung äußerst geschmeidig, Wischen und Tippen fühlt sich so noch besser an. Das macht sich aber auch bei der Akku-Leistung bemerkbar. Alternativ bietet das Handy einen 60-Hertz-Modus, um die Nutzung effizienter zu machen.

Leistung: Dieser Snapdragon kann es noch

Unter der Haube haben sich Motorola und Lenovo für einen Snapdragon 8+ Gen.1 Chip des Herstellers Qualcomm entschieden. Mittlerweile ist bereits die zweite Generation des Snapdragon 8 erschienen – die beispielweise in einer abgewandelten Form in der Samsung-Galaxy-S23-Serie steckt. Die ist logischerweise noch etwas schneller, aber trotzdem kann sich die Leistung sehen lassen. Im Leistungsmessprogramm Geekbench 5 hat sich das Motorola ThinkPhone 2.937 Punkte gesichert – ein “gutes” Ergebnis, das schnelle Leistung garantiert. Somit kommt das Handy auch mit kräftezehrenden Apps zurecht – beispielsweise Anwendungen zur Bildbearbeitung. Der enthaltene Grafikchip eignet sich auch für aktuelle Spiele a la “Genshin Impact”. Im 3D Mark Slingshot Extreme erreichte das Handy den Maximalwert, im anspruchsvolleren “Wildlife Extreme”-Test sogar noch 2.835 Punkte.

Auf dem Motorola ThinkPhone läuft Genshin Impact.
Läuft flüssig auf dem Motorola ThinkPhone: das überaus beliebte Spiel “Genshin Impact”. © IMTEST

Ein großer Vorteil des Prozessors ist auch seine effiziente Arbeitsweise. Dadurch wird eine lange Laufzeit gesichert. Der 5.000 Milliamperestunden starke Akku hat im Test mit permanenter Videowiedergabe und gleichbleibender Helligkeit satte 17 Stunden und 39 Minuten durchgehalten. Ein Top-Wert, womit das Handy einige Kontrahenten hinter sich lässt. Zum Vergleich: Das Google Pixel 7 Pro kam im gleichen Test auf zehn Stunden und 22 Minuten, das iPhone 14 Pro Max hielt mit knapp 20 Stunden noch etwas länger durch. Das Apple-Flaggschiff war aber nicht so schnell aufgeladen. Beim Motorola ThinkPhone dauerte eine vollständige Ladung gerade mal 51 Minuten – das ist sehr fix. Alternativ lässt sich das Handy auch kabellos aufladen. Und auch nicht mehr Standard und deshalb eine Erwähnung wert: Der Lieferumfang umfasst neben dem Handy und einem Ladekabel ein Netzteil, sowas haben Samsung und Apple schon lange gestrichen.

Die Ausstattung kann sich ebenfalls sehen lassen: Mit dem Wifi-6E-Modul ist man schnell im Internet unterwegs, das Handy ist 5G-fähig und Bluetooth 5.3 gehört ebenfalls zum letzten Stand der Technik. Abgerundet wird das Ganze von 256 Gigabyte (GB) Speicher, also reichlich Platz für Bilder und Apps. Kleiner Wermutstropfen: Ein SD-Kartenslot fehlt leider, wodurch sich der Speicher nicht erweitern lässt.



Kamera: Dreifach-Kamera, aber keine Telelinse

Neben dem eigens für das Telefon entworfene ThinkPhone-Logo sitzt oben links auf der Rückseite das Kamera-Modul. Das setzt sich aus einer 50-Megapixel-Hauptkamera samt optischer Bildstabilisierung, einem 13-Megapixel-Ultraweitwinkel und einem Tiefensensor, der 2-Megapixel-Bilder schießt, zusammen. Genauso wie beim iPhone 14 und beim Samsung Galaxy S23 fehlt auch hier ein Teleobjektiv für starke Zoom-Stufen. Die Selfie-Kamera kommt auf 32 Megapixel, bei der iPhone-14-Generation und bei Samsungs Galaxy-S23-Reihe sind es hingegen nur 12 Megapixel.

Das Kamera-Modul des Motorola ThinkPhone.
Viereck voller Linsen: Das Kameramodul nimmt reichlich Platz auf der Rückseite ein und ragt deutlich aus dem Gehäuse heraus. © IMTEST

Mit der Hauptkamera geschossene Aufnahmen bei Tageslicht zeichnen durch eine sehr hohe Auflösung und eine gute Farbwiedergabe aus. Aber auch aus wenig Licht holt das Motorola ThinkPhone eine Menge heraus. Dafür sorgt die Pixel-Binning-Technologie, die in diesem Falle vier Sensorpixel zu einem zusammenfasst. Dadurch ist die Lichtausbeute größer und der Detailreichtum des Bildes höher. Außerdem schrumpfen die Bilddateien in der Größe, wodurch die Fotos nicht mehr so viel Platz verbrauchen. Ein Manko ist jedoch das hohe Bildrauschen, wodurch Aufnahmen trotz Bildstabilisierung schnell verrauscht aussehen können.

Ein Bild, welches abends mit dem Motrorola ThinkPhone geschossen wurde.
Der Horizont bei Abendlicht lässt sich mit dem Motorola ThinkPhone stimmig einfangen. © IMTEST

Die Abwesenheit eines Teleobjektivs macht sich stark bei den Zoom-Aufnahmen bemerkbar. Bilder, die bei vierfacher Vergrößerung geschossen wurden, sind leider nur noch gering aufgelöst und aufgrund dessen nur noch wenig ansehnlich – wenngleich die Farben weiterhin natürlich aussehen. Eine deutlich bessere Figur macht die Frontkamera: Selfies lösen sehr scharf auf, aber auch hier gibt es Anlass zur Kritik. Farben sehen teilweise etwas überdreht aus.

Eine Pfanze, die bei vierfacher Vergrößerung geschossen wurde.
Bei vierfacher Vergrößerung geschossen: Die Pflanze ist insgesamt etwas unscharf, Farben sehen jedoch noch natürlich aus. © IMTEST
Testredakteur Pascal Bartholomäus ist auf dem Selfie zu sehen.
Die Farben bei Selfie-Aufnahmen sehen etwas überdreht aus. © IMTEST

Fazit

Nach zahlreichen ThinkBooks und ThinkPads gelingt Lenovo mit dem Motorola Thinkphone auch der Einstand auf dem Markt der Oberklasse-Smartphones. Das Handy ist flott, knipst mit der Hauptkamera tolle Bilder und hält es richtig lange ohne Steckdose aus. Hinzu kommt ein robustes Gehäuse (IP68-zertifiziert), eine schnelle Ladegeschwindigkeit und eine starke Frontkamera. Dabei kann das Handy in vielen Kategorien – unter anderem beim Akku – problemlos mit der etablierten Konkurrenz mithalten. Abstriche muss man hingegen beim Zoom hinnehmen – da fehlt das Teleobjektiv. Es muss aber auch mithalten können: Denn für 999,99 Euro (UVP) bekommt man auch schon ein iPhone 14 oder ein Samsung Galaxy S23 – und für etwas weniger Geld sogar das Asus Zenfone 9. Ob Asus oder Lenovo: Welcher Notebook-Hersteller am Ende mehr Erfolg auf dem Smartphone-Markt hat, wird sich zeigen.

  • PRO
    • Robustes Gehäuse, gute Hauptkamera mit 4-zu-1-Pixel-Binning, schneller Snapdragon-Prozessor, sehr gute Grafikleistung, viel Speicher (256 GB), gute Frontkamera. sehr lange Akku-Laufzeit, kurze Ladedauer.
  • KONTRA
    • schwacher Zoom (kein Teleobjektiv), Display mit etwas geringer Farbtreue.

IMTEST Ergebnis:

gut 1,7

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Nach einem Studium der Politikwissenschaft absolvierte Pascal Bartholomäus ein redaktionelles Volontariat bei dem deutschen Technikmagazin Computer Bild. Dort lernte er das journalistische Handwerk und widmete sich allerlei Neuheiten aus der Technikwelt. Als Teil von IMTEST schreibt und testet er nun allerlei Produkte: unter anderem Notebooks.