Der neue Held des hauseigenen SEGA-Entwicklerstudios Ryu Ga Gotoku kehrt in “Like a Dragon: Infinite Wealth” endlich auf die Bildschirme zurück. Warum sich die neuen Abenteuer des muskelbepackten Volltrottels mit dem größten Herz der Welt, Ichiban Kasuga, kein Fan der Serie oder von japanischen Action-Rollenspielen im Allgemeinen, entgehen lassen sollte, erfahren Sie im Test.
- PC, PS4, PS5, Xbox Series S|X
- 26. Januar 2024
- 69,99 Euro
- 100 bis 150 Stunden
- Ab 18 Jahren
- 80 GB
- Sprache: Englisch/Japanisch, Bildschirmtexte: Englisch/Deutsch
Das Ende ist nur der Anfang
Am Ende des Vorgängerspiels “Yakuza: Like a Dragon” waren Hauptfigur und die Spieler am Gamepad um ein paar wichtige Erfahrungen reicher. Als gefeierter Held von Yokohama gelang es Serien-Neuling Ichiban Kasuga, Yokohama vor dem Zugriff der gefährlichen Yakuza Familien zu retten und mit der wehrhaften Saeko Mukoda, Ex-Polizist Koichi Jadachi und dem treuen Yu Nanba ein paar echte Freunde fürs Leben zu finden. Die ständigen Party-Mitglieder haben in zahllosen Kämpfen an der Seite von Ichiban bewiesen, dass sie aus einem ganz besonderen Holz geschnitzt sind.
Der Spieler wiederum erlebte das erste Mal in der langjährigen Spiele-Serie, dass rundenbasierte Kämpfe geradezu perfekt zu dem Spielsystem passen, welches bis dahin nur mit Echzeit-Kloppereien aufwarten konnte. Ergebnis: Es konnte den Fans gar nicht schnell genug gehen, endlich die Chance auf einen Blick in die Zukunft von Ichiban und seinen Freunden zu erhaschen. Nach vier Jahren ist es jetzt endlich soweit. Das Entwicklerstudio präsentiert mit “Like a Dragon: Infinite Wealth” das bisher umfangreichste und aufwändigste Spiel der Reihe.
Muss man den/die Vorgänger kennen?
Bei derart storylastigen Spielen, wie denen aus der Yakuza-Serie ist es zweifelsfrei von größtem Vorteil, sich mit der Geschichte auszukennen. Für den perfekten Genuss von “Like a Dragon: Infinite Wealth” ist es ratsam die Serien-Titel “Yakuza: Like a Dragon” und “Like a Dragon: The Man who Erased his Name” durchgespielt zu haben. Noch besser ist es, wenn man zusätzlich Yakuza 0, Yakuza 5 und Yakuza 6 kennt und sich damit zu einem echten Fan etabliert hat. Dann erlaubt es das gesammelte Wissen, sich sofort im neuen Teil zurecht zu zu finden und die meisten Figuren einordnen zu können. Steigt man gänzlich ohne Vorwissen in “Like a Dragon: Infinite Wealth” ein, kann man zwar eines der besten Action-Rollenspiele der jüngeren Zeit genießen – bis man allerdings mit den Mechaniken, Figuren und natürlich den zahlreichen Albernheiten vertraut ist, vergeht eine gewisse Zeit.
Nach wie vor handelt es sich bei “Like a Dragon: Infinite Wealth” um ein Action-Rollenspiel, in dem eine riesige, offene Spielwelt erkundet wird. Trifft man auf Gegner, kommt es zum Kampf, der hier rundenbasiert ausgetragen wird. Der Spieler hat also genug Zeit, um sich zu überlegen, ob ein normaler Angriff, ein Spezialangriff oder eine andere Maßnahme zu ergreifen ist, die den abgedrehten Widersachern Manieren beibringt. Das eigentliche Prinzip ist seit Jahrzehnten bekannt, ist hier aber durch zahlreiche neue und sinnvolle Mechaniken ergänzt, welche dem Spiel die dringend notwendige spielerische Würze verleihen. Bereit für weiterführende Erläuterungen, die spoilerfrei und zweifelsfrei eine passende Wertung herbeiführen? Dann kann es ja losgehen!
Ein nahtloser Übergang
Die Story von “Like a Dragon: Infinite Wealth” setzt die des Vorgängerspiels nahtlos fort: Ichiban Kasuga arbeitet als Jobvermittler und wenn der Feierabend ruft, werden mit seinen langjährigen Freunden Saeko, Nanba und Adachi die Bars und Vergnügungsviertel von Kamurocho und Injicho unsicher gemacht. Wenn sich dem Trio dabei ein Möchtegern in den Weg stellt, gibt es Backenfutter. Es könnte also alles ganz einfach sein, während die Tage an einem vorüberziehen. Der Spieler wähnt sich in vertrauter Umgebung, alles scheint wie am Schnürchen zu laufen. Dass das nicht so bleibt, ist klar. Schon im Vorfeld der Entwicklung von “Like a Dragon: Infinite Wealth” wurde bekannt, dass nun eine brandneue Umgebung auf die Spieler wartet – es geht nach Hawaii, die mehr als ausgetretenen Pfade von Tokyo und Yokohama sind also endlich Geschichte. Wie und warum es Ichiban Kasuga auf die traumhafte Tropeninsel verschlägt, wird hier aus Spoilergründen natürlich nicht verraten.
Es ist, wie es ist: Ichiban findet sich in Hawaii wieder und kann auch sehr schnell auf neue Freunde zählen, die ihm in seiner neuen Geschichte tatkräftig unter die dicken Arme greifen. Was in dieser ungewohnten, hübschen und riesigen Spielumgebung wartet, ist nur schwer in Worte zu fassen. Denn es gibt dermaßen viel zu sehen, zu erledigen, zu erleben und zu bestaunen, dass dem Spieler am Gamepad langsam aber sicher dämmert: “Unter 100 Stunden komme ich aus der Nummer nicht raus.”
Das Spiel im Spiel im Spiel im Spiel
Wie in jedem Spiel der Yakuza-Serie (die aus Gründen in “Like a Dragon” umbenannt wurde) besteht der Kern des Spiels in der ausgiebigen Erkundung der Umgebung, dem Verfolgen der wendungsreichen Geschichte, die in langen Zwischensequenzen und Gesprächen weitergeführt wird und dem Kampf gegen große und kleine Unholde, die mal alleine, mal in der Gruppe anzutreffen sind. Ganz so, wie es sich für ein Action-Rollenspiel – mit der Betonung auf Rollenspiel – gehört, gilt es, auch so oft es geht an der Ausrüstung des Teams zu feilen. Bessere Rüstung, durchschlagskräftigere Waffen und Tränke zur Heilung oder Bekämpfung unangenehmer Status-Effekte sind zu kaufen, zu finden oder selber herzustellen.
Hawaii bietet mit seinen ausladenden Sehenwürdigkeiten, Restaurants, Stränden und Einkaufspassagen den perfekten Hintergrund für die Erkundungen zu Fuß oder per Segway. Lauffaule können auch ein Taxi herbeirufen oder per Schnellreise durch die Spielwelt düsen – verpassen dabei aber viele versteckte Goodies, Nebenmissionen oder eine der zahlreichen Freizeitaktivitäten, die das Spiel zu bieten hat – und das sind so viele, wie noch niemals zuvor. Like a Dragon: Infinite Wealth gelingt es tatsächlich den eigentlichen Spielverlauf immer so überraschend und gekonnt aufzulockern, dass die Langeweile keine Chance hat, sich breit zu machen. Dabei sind die Minispiele nicht nur eine nette Dreingabe, sondern teilweise auch perfekt in den bestehenden Spielablauf eingebunden und nicht nur simple Klicki-Klicki-Angelegenheiten.
Die Nebenaufgaben im Überblick
Das wichtigste Element aller Nebenaufgaben, die Sie im Verlauf des Abenteuers erwarten, ist die Belohnung. Denn, sei es Geld, Verbesserungen für die verschiedenen Attribute der Spielfiguren oder selbst kleinste Dreingaben, die im Kampf helfen – es macht immer Sinn und Spaß, sich den durchgedrehten und herrlich albernen Mini-Aufgaben zu widmen. Zeit wird hier nicht sinnlos verschleudert. Welche lohnenden Nebenaktivitäten Sie beispielsweise erwarten:
- Termingerechte und stylische Essenslieferungen per Fahrrad.
- Verabredungen nach Vorarbeit in der Dating-App.
- Den Strand von Unrat befreien.
- Passanten und Tiere auf der Straße grüßen und beschenken.
- Eingesammelte Gegner in Pokémon-Kämpfen einsetzen.
- Fotosammlung verschiedener Hot-Spots erstellen.
- Fotos von zwielichten Personen aus der Straßenbahn schießen.
- Mehrere Etagen, nach Level gestaffelt, eines riesigen Labyrinths absolvieren und dabei. wertvolle Schätze und Ausrüstung finden.
- Eine eigene Insel samt großer Hotelanlage ausbauen und führen. Dondoko-a-Go-Go!
- Freundschaftliche Gespräche mit den Party-Mitgliedern absolvieren.
- In der Uni Testfragen verschiedenster Wissensgebiete korrekt beantworten.
Einfach zu sehen: “Like a Dragon: Infinite Wealth” zu spielen ist weit mehr, als sich nur durch die langatmige Story eines 08/15 Rollenspiels zu ackern. Zu den oben beschriebenen Aufgaben kommen serientypisch noch ältere Spiele aus dem SEGA-Line-Up zum Einsatz. So wird hier auf Wunsch das erste Mal der Klassiker “Sega Bass Fishing” am Spieleautomaten in der Arcade gezockt . Nach “Daytona 2” in “Like a Dragon: The Man who erased his name”, ein weiteres Highlight für Retro-Fans.
Die technische Seite des Drachens
Auf der Testplattform Playstation 5 gab sich Like a Dragon: Infinite Wealth kaum eine Blöße. Die Bildwiederholrate von 60 Bildern pro Sekunde liegt die meiste Zeit an, nur beim Umschnitt in eine Zwischensequenz sind kurze Einbrüche zu sehen. Die Umgebung stellt sich scharf und abwechslungsreich dar, was den traumhaften Lichtstimmungen, die auf Hawaii vorherrschen, absolut zugute kommt. Wenn auch das Flimmern einiger, entfernter Objekte, dezent am positiven Gesamtergebnis nagt. Dennoch ist “Like a Dragon: Infinite Wealth” nicht nur das größte, sondern auch das hübscheste Spiel der Serie. Besonders hervorzuheben sind noch die Effekte in den Kämpfen: Wenn die Gegner nach einem Spezialangriff verliebt dreinschauen, vor Kälte schlottern, aus Angst zurückweichen und so für mehrere Runden tatenlos bleiben und dabei von passenden Synchro-Fetzen untermalt werden, dann purzelt nicht selten der ein oder andere Schenkelklopfer dabei heraus.
Sowieso ist die sprachliche Untermalung in den Kämpfen ein Quell der Freude. Auch die Darstellung von Wasser verdient eine gesonderte Erwähnung. Fristete es bisher in allen Teilen der Serie ein ereignisloses und flaches Nischendasein, wurde die Physik des kühlen Nass komplett überarbeitet und kommt einer realistischen Darstellung erheblich näher – was kaum wundert, wenn es auch darum geht zu Tauchen, mit Delfinen zu schwimmen oder einen Sonnenuntergang am Strand zu genießen.
Von Spielfiguren zu Freunden
In weiten Teilen, mal abgesehen von den zackigen Kämpfen, die stets ein waches Auge erfordern, ist die Spielerfahrung von “Like a Dragon: Infinite Wealth” die Entdeckung der Langsamkeit. Nur Spieler, die den Urlaub so richtig genießen, sich also langsam bewegen, alles sorgsam absuchen und sich voller Elan den Aufgaben widmen, bekommen schon bald das Gefühl, sich wirklich vom Stress des realen Alltags erholen zu können. Dabei spielt die Zeichnung der Party-Mitgliedern eine entscheidende Rolle. Nach und nach, bei einem Drink in der Revolve Bar, geben die Figuren mehr über sich und ihre eigenen Motivationen preis. Die Gespräche fügen sich wunderbar in den Spielverlauf ein und verleihen den Team-Mitgliedern eine Menge Tiefe, Glaubwürdigkeit und Motivation.
Wurde die Party im Vorgänger nach und nach vom fremden Helfern zu echten Freunden, gelingt das nun noch besser und glaubhafter. Damit bekommt auch die Story deutlich mehr Tragweite und macht immer wieder neugierig darauf, was als nächstes passiert. Nach und nach wird jedem Spieler sonnenklar, dass sich der Untertitel “Infinite Wealth” (unendlicher Reichtum) auf weit mehr bezieht, als die Anhäufung von Geld und Besitztümern.
Fazit
Mit Like a Dragon: Infinite liefern die Ryu Ga Gotoku Studios das bisher beste Spiel der Serie ab. Ein Action-Rollenspiel mit verdammt viel Herz und noch mehr Seele. Einprägsame Figuren, schier unendliche Möglichkeiten im Kampf und bei der Erkundung der neuen Spielumgebung, lassen die Spielstunden verdammt schnell vorüberziehen. Zudem gibt es wohl kaum einen sympathischeren Protagonisten, als den großherzigen und selbstlosen Ichiban Kasuga. Auch seine neuen Party-Mitglieder sind glaubhaft gezeichnet und schnell vermisst, wenn die Spielekonsole oder der PC in den Schlaf-Modus geht. Manche mögen von der langen Spieldauer und der komplexen und stetig im Schwierigkeitsgrad ansteigenden Action auf dem Bildschirm abgeschreckt sein, andere bekommen eines der besten und abwechslungsreichsten japanischen Action-Rollenspiele der letzten Zeit.
- PRO
- Hübsche Optik, viel Abwechslung, durchdachtes, komplexes Kampfsystem, spannende Story, perfekter Mix aus Humor und Ernsthaftigkeit, sehr gut ausgearbeitete Mini-Spiele.
- KONTRA
- Spiel verlangt viel Aufmerksamkeit und Zeit, Bonus-Gegenstände für schnelleres Vorankommen und New Game+ nicht in der Standard-Edition enthalten.
IMTEST Ergebnis:
sehr gut 1,4
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