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Apple Watch 7 im Test: Einen Tick besser

Apple bringt wieder eine neue Generation seiner beliebten Smartwatch. Für wen der Kauf lohnt, klärt der Test.

Aufmacher_Apple_Watch7_IMTEST
© Apple, IMTEST

Produktdetails
  • 609 Euro
  • 38,8 Gramm
  • bis 50 Meter
  • 45mm x 38mm x 10,7mm

Auf dem Papier ist die Apple Watch 7 zunächst eine Enttäuschung: Keine neuen Sensoren, keine verbesserte Akku-Laufzeit und keine neuen Chips. Es wäre aber nicht das erste Mal, dass sich ein neues Apple-Produkt in der Praxis doch als echter Fortschritt entpuppt. Ist das auch in diesem Fall so? Der Test der 45 Millimeter Aluminium-Version (GPS + Cellular) klärt auf.

Apple Watch 7: Der neue Bildschirm

Als Nachfolger der Apple Watch Series 6 – der IMTEST-Referenz im Bereich Smartwatches – tritt die Apple Watch 7 in große Fußstapfen. Die Liste der Verbesserungen fällt aber ausgesprochen kurz aus. Große Designänderungen sind zum Beispiel Fehlanzeige. Man muss schon ganz genau hinschauen, um das neue Modell zu identifizieren. Ein Merkmal wären die neuen Farben Mitternacht, Polarstern, Grün, Product Red und ein neues Blau.

Die neuen Farben der Aluminium-Version: Mitternacht, Polarstern, Grün, Blau und Product Red. Credits: Apple

Die größte Veränderung betrifft den Bildschirm: Laut Apple ist er 20 Prozent größer als beim Vorgänger, ohne dass die Uhr dadurch spürbar gewachsen ist. Dazu hat Apple die Ränder laut eigenen Angaben um 40 Prozent dünner gestaltet, wodurch die Abmessungen insgesamt kaum größer im Vergleich zum Vorgänger ausfallen. 20 Prozent hört sich nach viel an, auffällig ist der Unterschied aber nicht. Zumindest nimmt man den Bildschirm der Apple Watch 6 nicht auf einmal als viel kleiner wahr.

Apple Watch 6 und 7 Bildschirme im Vergleich
Der Bildschirm der Apple Watch 7 (rechts) hat im Vergleich zur Apple Watch 6 (links) in der Größe leicht zugelegt. Credits: IMTEST

Mehr Platz für Inhalte

Apple Watch 7 Tastatur
Die Tastatur funktioniert besser als erwartet. Credits: IMTEST

Immerhin hat Apple aufgrund des größeren Displays an einigen Stellen die Oberfläche angepasst. Neben exklusiven Watchfaces gibt es beispielsweise größere Schaltflächen. Zudem ist von 50 Prozent mehr darstellbarem Text die Rede, was übertrieben erscheint (siehe Bild unten). Nichtsdestotrotz steht mehr Platz für Informationen zur Verfügung, was unbestreitbar einen Vorteil darstellt. Darüber hinaus gibt es sogar erstmalig und exklusiv eine vollständige Tastatur zum Tippen von Kurznachrichten. Das funktioniert selbst mit großen Fingern erstaunlich gut. Allerdings fehlt zum Start eine deutsche Version. Trotzdem bleibt es praktischer, auf Kurznachrichten per Sprachaufzeichnung, Emojis oder über vorgefertigte Antworten zu reagieren. Das funktionierte im Test wie auch schon bei der Vorgängerversion einwandfrei.

Apple Watch 7 mehr Text
Auf den Bildschirm der Apple Watch 7 (rechts) passt mehr Text, richtig. Die Angabe “bis zu 50 Prozent” scheint aber sehr hoch gegriffen. Credits: IMTEST

Geblieben ist beim Siebener-Modell auch der Immer-An-Bildschirm, der laut Apple in Innenräumen deutlich heller (bis zu 70 Prozent) als beim Vorgänger ausfällt. Das soll das Ablesen der Uhrzeit einfacher machen, wenn das Handgelenk nach unten zeigt. Ehrlich: Nur im direkten Vergleich ist hier ein minimaler Unterschied zu erkennen. Und das nur bei bestimmten Ziffernblättern.

Apple Watch 7 mit geringfügig hellerem Bildschirm
Nur bei bestimmten Ziffernblättern ist der hellere Bildschirm der Apple Watch 7 (rechts) erkennbar. Credits: IMTEST

Neben dem größeren Bildschirm verspricht Apple mit der Series 7 die “haltbarste Apple Watch aller Zeiten”. Das gilt sowohl für den Bildschirm, aber auch das Gehäuse, das nach IPX6 staubsicher sein soll. Das Frontglas ist bei allen Modellen laut eigenen Angaben zudem dicker und widerstandsfähiger gegen Risse. Nicht zuletzt bleibt es bei der Angabe „wasserabweisend bis 50 Meter“.

Apple Watch 7: Problem Wasser

Erstaunlich in diesem Kontext ist, dass Apple in Promo-Videos (siehe unten) Wassersportarten wie Wellenreiten zu Werbezwecken nutzt. Dabei heißt es auf der eigenen Internetseite: „Die Apple Watch Series 2 und neuer können für Aktivitäten im seichten Wasser genutzt werden, etwa das Schwimmen in einem Pool oder im Meer. Die Apple Watch Series 2 und neuer sollten allerdings nicht beim Sporttauchen, Wasserski oder bei anderen Wasseraktivitäten mit hohen Geschwindigkeiten oder in tieferen Gewässern verwendet werden.“ Sprich: Wassersportler sollten sich robustere Sportuhren anschaffen, die mindestens eine Wasserdichtigkeit von 10 Bar (100 Meter) aufweisen.

https://www.youtube.com/watch?v=MMdQ-gWBNZE

Apropos Wasser: Das IMTEST-Testmodell der Apple Watch 7 reagierte im Gegensatz zur Watch 6 Unterwasser mit merkwürdigen Fehleingaben. So aktivierte sich wiederholt von selbst die Zoom-Funktion, die den Bildschirminhalt extrem vergrößert. Wer den Trick nicht kennt, wieder die normale Ansicht wiederherzustellen (mehrmals mit zwei Fingern gleichzeitig auf den Bildschirm tippen), steht vor einem Problem. Manchmal aktivierte die Uhr auch selbständig den Auswahlbildschirm für die Ziffernblätter.

Apple Watch 7 reagiert auf Wasser
Die Apple Watch 7 zeigte in Verbindung mit Wasser zum Teil merkwürdiges Verhalten. Credits: IMTEST

Akku: Schneller laden nicht die Lösung

Die schwache Akkulaufzeit ist und bleibt die Achillesferse der Apple Watch. Auch das neue Modell muss täglich ans Ladegerät, offiziell gibt Apple weiterhin eine Akkulaufzeit von 18 Stunden an. Bei normalem Gebrauch hält der Akku rund einen Tag, bei längeren sportlichen Aktivitäten mit aktiviertem GPS maximal fünf Stunden. Das ist im Vergleich zur Konkurrenz sehr wenig. Immerhin: Das Laden geht jetzt schneller vonstatten: Apple verspricht 33 Prozent schnelleres Aufladen dank eines neuen Charging-Algorithmus in Kombination mit einem überarbeiteten USB-C-Ladepuck. Die Rede ist von 45 Minuten Ladezeit von 0 bis 80 Prozent, unabhängig vom eingesetzten Netzteil.

Diese Angaben sind realistisch. Konkret reichen 10 Minuten, um den Akku um rund 20 Prozent zu befüllen. Eine Komplettladung benötigt 65 Minuten, bei der Apple Watch 6 89 Minuten. Das stellt keinen Riesenfortschritt dar. Aber das beschleunigte Laden macht es immerhin leichter, zum Beispiel morgens nach dem Aufstehen zwischen Dusche und Frühstück die Apple Watch 7 nahezu komplett zu laden. Trotzdem: Eine Akkulaufzeit von maximal 30 Stunden ist für eine moderne Smartwatch einfach zu wenig. Andere Hersteller zeigen, das es möglich ist Smartwatches zu bauen, die mehrere Tage oder sogar Wochen mit einer Ladung durchhalten.



Gesundheit: Ein kleiner Schritt nach vorn

Schade: Neue Sensoren sind bei der Apple Watch 7 nicht an Bord. Sie misst also nach wie vor die Herzfrequenz und verfügt über einen Blutsauerstoffmonitor. Zusätzlich ist Apple Watch seit Version 5 in der Lage, ein EKG am Handgelenk zu erstellen und über ungewöhnlich hohe oder niedrige Herzfrequenzen oder Rhythmus­störungen zu informieren. Obendrein bietet die Smartwatch eine rudimentäre Schlafauswertung samt Überwachung der Atemfrequenz. Das kann helfen, frühe Anzeichen von Krankheiten wie Schlafapnoe und chronischen Lungenerkrankungen zu entdecken. Einige Uhren messen darüber hinaus die Körpertemperatur und können somit auf Krankheiten hinweisen. Das kann die Apple Watch 7 nicht.

Gut ist dagegen das Aufzeigen von Gesundheitstrends über längere Zeiträume. Regelmäßige Träger erfahren etwa, etwa wie sich die VO2 Max, der Gleichgewichtssinn und die Schrittanzahl entwickelt. Was aber fehlt sind Tipps und Hinweise, wie sich diese Werte verbessern lassen. Unabhängig davon ist die Apple Watch 7 im Bereich “Gesundheitsfunktionen” mit einer Note von “1,7” gut aufgestellt.

Sport & Fitness: Viel Luft nach oben

Auch im Sportbereich hat die Apple Watch dazugelernt. Im besagten Video (siehe oben) zeigte das Unternehmen etwa, dass die Uhr die Abschlaggeschwindigkeit beim Golfen oder die Anzahl der gerittenen Wellen beim Surfen ermittelt. Zudem gibt es neue Fahrradfunktionen: So erkennt die Uhr nun Fahrradstürze und ruft Hilfe, erkennt Touren automatisch und bietet einen speziellen E-Bike-Modus samt Kalorienzählung. Gut zu wissen: Dafür gibt es keinen speziellen Trainingsmodus. Die Apple Watch 7 erkennt lediglich, wenn die Herzfrequenz bei Anstiegen bei auffallend hoher Geschwindigkeit verdächtig niedrig ausfällt.



Zudem gibt es jetzt auch für Radfahrtrainings eine „Auto Pause“-Funktion, wodurch die Apple Watch beispielsweise Wartezeiten an Ampeln berücksichtigt und so genauere Trainingsanalysen ermöglicht. Die meisten dieser Funktionen haben dank WatchOS 8 allerdings auch die Vorgänger drauf. Ob es Ringe sind, die den Träger zu Bewegung motivieren sollen, die zunehmende Anzahl (über 50) an Sportarten die zur Aufzeichnung und Auswertung zur Verfügung stehen zum Sport animieren, die immer größer werdende Anzahl an trackbaren Workouts oder die neuen Fahrradfunktionen. Unterm Strich reicht es aber nur für die Note “gut 2,4” bei den “Sportfunktionen”. Wer viel läuft, Rad fährt oder anderen Sport betreibt, ist mit bestimmten Produkten von Garmin und Polar besser unterwegs. Modelle wie die Garmin Fenix 6 messen beispielsweise die Trainingsbelastung, unterbreiten Vorschläge zur Regeneration und schlagen gezielt Aktivitäten vor, um die sportliche Fitness in bestimmten Bereichen zu steigern.

Apple Watch 7 Watchface
Exklusive Apple 7-Watchfaces wie “Modular Duo” zeigen auf Wunsch permanent die Herzfrequenz der Trägers an. Credits: IMTEST

Im Gegensatz dazu ist die Apple Watch 7 ein vergleichsweise simples GPS-Gerät, das lediglich die zurückgelegte Distanz, die Herzfrequenz und die verbrauchten Kalorien anzeigt. Immerhin: Die GPS-Genauigkeit bewegt sich auf einem hohen Niveau, wenn man zurückgelegte Strecken mit den Aufzeichnungen der hochwertigen Garmin Fenix 6 Pro vergleicht. Die Abweichungen sind selbst bei großen Distanzen zu vernachlässigen und bewegen sich in einem Bereich von wenigen Metern. Auch die Pulsmessung erwies sich als akkurat und ermittelte nahezu identische Werte im Vergleich zum angelegten Brustgurt.



Bedienung: Noch besser mit Gesten

Neue Prozessoren sind ebenfalls Fehlanzeige. Obwohl der Chip jetzt S7 heißt, arbeitet er genauso schnell wie der Vorgänger. Er wurde lediglich an das neue Design angepasst. Ein neuer, effizienterer Chip hätte möglicherweise die Akkulaufzeit verbessert. In Sachen Leistung lässt er aber keine Wünsche offen. Das Durchblättern von Menüs erfolgt flüssig und Apps starten ohne Verzögerung. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Befehle per Touchbedienung oder über die digitale Krone an der Seite erfolgen. Zusätzlich gibt es eine große Seitentaste, über die sich bequem zwischen den zuletzt geöffneten Apps wechseln lässt.

Als Sahnehäubchen gibt es die Sprachassistentin Siri, die fast immer eine passende Antwort parat hat. Neu hinzugekommen ist Assistive Touch. Diese innovative Funktion macht es möglich, die Uhr komplett mit Gesten zu steuern. Es lassen sich sogar eigene Gesten einrichten, zum Beispiel um bestimmte Apps zu öffnen – faszinierend. Allein die Tatsache, dass es mit Health, Watch und Fitness gleich drei Apps zum Verwalten und Erkunden gibt, erscheint umständlich.

Fazit

Die Apple Watch bleibt das Maß der Dinge unter den Smartwatches. Die Kombination aus Vielseitigkeit, Bedienung und Funktion ist einmalig. Für iPhone-Nutzer gibt es nichts Besseres und für Android-Nutzer nichts Vergleichbares. Trotzdem: Die neue Apple Watch hätte eher die Bezeichnung 6S statt 7 verdient. Die einzigen Unterschiede im Vergleich zum Vorgänger sind der der leicht gewachsene Bildschirm und das schnellere Laden. Beide Features sind zwar nett, stellen aber keinen Grund dar, von der 5 oder 6 auf die 7 umzusatteln. Wer dagegen ein älteres Modell wie die Series 3 oder Series 4 am Handgelenk trägt, wird durch das größere Display, die flüssigere Bedienung und die zusätzlichen Sensoren echte Fortschritte bemerken. Hinweis: Die Note „2,1“ ist aufgrund neuer, strengerer Testkriterien geringfügig schlechter als bei der Apple Watch 6.

  • PRO
    • Top Bildschirm, einmaliger App-Store und viele Sport- und Gesundheitsfunktionen.
  • KONTRA
    • Akku weiterhin schwach.

IMTEST Ergebnis:

gut 2,1

Nils Matthiesen

Testet als freier Mitarbeiter für IMTEST schwerpunktmäßig IT-Produkte, wie Notebooks und Computerzubehör. Auch Wearables, wie Sportuhren und Ohrhörer gehören in sein Test-Repertoire. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet Nils Matthiesen als Technik-Journalist: Anfangs als fester Redakteur beim Computerverlag Data Becker (u.a. PC Praxis), später als selbständiger Journalist für Verlage wie Axel Springer (Computerbild), Spiegel und Handelsblatt. Neben Technik nimmt vor allem Sport viel Raum im Leben des Familienvaters ein. Sie erreichen ihn via E-Mail.