Einen Moment lang passiert nichts. Der Hebel ist gedrückt, dann rollt das Seniorenmobil Kolja Ultra los. Der blaue E-Scooter soll Menschen von A nach B bringen, die aus eigener Kraft keine weiten Strecken mehr schaffen. IMTEST hat es sich zur Aufgabe gemacht, zu überprüfen, wie gut das gelingt. Schafft das Seniorenmobil die engen Wendungen im Treppenhaus? Kommt er sicher auf den Bordstein und auch wieder hinunter? Wie sieht es im Straßenverkehr aus? Wie weit kann er überhaupt fahren? Kolja ist geladen, das Wetter ist trocken und sonnig, der Test kann beginnen.
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Kolja Ultra ist schnell startklar
Die Inbetriebnahme des Scooters (Deutsch: Roller) geht schnell und ist denkbar einfach. Aufgeladen wird er per Kabel, das von Anfang an mitgeliefert wird. Mit einer Vollladung kommt er gemäß Herstellerangaben bis zu 40 Kilometer weit. Um dabei bequem zu sitzen, lässt sich seine Sitzhöhe des sogenannten “Kapitänssitz” über einen Hebel einstellen. Das System ist jedem bekannt, der schon einmal auf einem Bürostuhl saß. Zudem lässt sich der Neigungswinkel der Lenksäule verändern. Dazu dient ein großer, weißer Griff unterhalb des Lenkers. Obendrein verfügt der Kolja Ultra über Vollfederung, was für ein angenehmen Fahrgefühl sorgt.
Zum Starten muss ein Schlüssel eingesteckt und gedreht werden. Auch hier: Kein neues Konzept, sondern vergleichbar mit einem herkömmlichen PKW. Die Lenkung erfolgt dann wie bei einem Fahrrad. Gasgegeben wird dann über zwei am Lenker befindliche Hebel, wobei der rechte “vorwärts”, der linke “rückwärts” bedeutet. Etwas merkwürdig sind lediglich die Bremsen. Diese sind oben am Lenker angebracht. Das hat zur Folge, dass insbesondere die rechte Bremse praktisch keine Funktion erfüllt. Denn sobald sich die Hand vom Gashebel löst, bremst der Scooter automatisch mit Hilfe einer Magnetbremse. Kommt die Hand dann bei der Bremse an, steht Kolja bereits. Das allerdings ist auch gut so, denn am Testgerät war keine der beiden Bremsen sinnvoll eingestellt, sprich: Sie hätten ohnehin keinen nennenswerten Effekt erzielt.
Seniorenmobil mit Tempo: So flott ist der Scooter
Zum Glück gibt es die automatische Bremse. Denn auch wenn das Seniorenmobil gerade einmal zehn Stundenkilometer schafft, reicht die Geschwindigkeit doch aus, um in ordentlichem Tempo los zu düsen. Auf dem Gehsteig dürfen Seniorenmobile nur Schrittgeschwindigkeit fahren, was je nach Rechtsprechung sieben bis 10 Stundenkilometern (km/h) entspricht. Doch weil in der Praxis kaum jemand mit 10 km/h auf dem Gehweg unterwegs ist, dürfen die Scooter auch die Straße benutzen. Ausgenommen sind dabei Autobahnen und Kraftfahrtstraßen, so der deutsche Bußgeldkatalog.
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Müssen sie den Bürgersteg doch einmal verlassen, ist Vorsicht angebracht. Mit einer Tieflage von 3,9 Zentimetern über dem Boden überwindet das Kolja Ultra flache und mittlere Gehsteigkanten, doch bei zu hohem Tempo wird es hier schon einmal wackelig.
Minuspunkt Gleichgewicht: Vorsicht in engen Kurven
Leider ist der Scooter ohnehin nicht optimal ausbalanciert. Durch die relativ eng beieinander stehenden Vorderräder kippt er leicht, etwa auch bei Kurvenfahrten mit zu hohem Tempo. Trotzdem ist der enorm kleinen Wendekreis von 103 Zentimetern an sich ein echter Pluspunkt. In niedrigem Tempo lässt sich das 1,19 Meter lange und 60 Zentimeter breite Mobil relativ einfach durch Räume, Türen und in Fahrstühle manövrieren. Obacht ist nur beim Außenspiegel geboten. Der ist zwar hilfreich beim Rückwärtseinparken, läd aber bei mangelnder Vorsicht dazu ein, am Türrahmen hängen zu bleiben. Zum Glück ist Kolja im Rückwärtsgang ohnehin deutlich langsamer unterwegs. Seine Geschwindigkeit lässt sich generell nicht in Stundenkilometern einstellen oder ablesen. Stattdessen gibt es das Schildkröte-Hase-Prinzip, wie bei Traktoren. Die Schildkröte markiert das langsame Ende der Skala, der Hase das schnelle. Zusätzlich lässt sich die Geschwindigkeit über den Druck am Gashebel kontrollieren.
Reaktionszeit nur Mittelmaß
Dabei beschleunigt der 97 Kilogramm schwere Scooter ausgesprochen gleichmäßig. Lediglich Antritt und Stopp lassen etwas zu wünschen übrig. Hier ist jeweils mit einer halben Sekunde Verzögerung zu rechnen. Zudem empfiehlt es sich, den Hebel bei Anfahren im Schildkrötengang recht beherzt durchzudrücken, um überhaupt anzufahren.
Ebenfalls etwas zögerlich ist die Hupe. Das Piepsen ist in einer Garage gut zu hören, doch im Straßenverkehr fällt es kaum auf. Beim Licht sieht es dagegen weit besser aus. Der Kolja Ultra verfügt über Front- sowie Rücklicht und Blinker. Letztere werden mit einem kleinen, eher unauffälligen Schalthebel in der Mitte des Lenkers bedient, das Licht hingegen klar erkennbar mit einem entsprechenden Knopf oben auf dem Lenker.
Kosten und Fazit
Zu den Kosten des Kolja Ultra macht der Hersteller Pride Mobility auf seiner Website selbst keine Angaben. In verschiedenen Onlineshops taucht der Scooter in einer Preisspanne von 2.200 bis 2.600 Euro auf. Jedoch ist dabei anzumerken, dass Seniorenmobile als anerkannte Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherungen nach Paragraph 33 Sozialgesetzbuch (§33 SGB V.) grundsätzlich förderungsfähig sind. Details müssen Betroffene individuell mit ihrer jeweiligen Krankenkasse klären.
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Schlussendlich ist der Kolja Ultra eine echte Chance für alle, die nicht mehr gut zu Fuß sind. Das flotte Seniorenmobil punktet mit hoher Reichweite und kleinem Wendekreis. Nur Kurven und Bordstein-Kanten sollten bewusst in gemäßigtem Tempo gefahren werden und auch auf die Hupe ist mangels Lautstärke auf der Straße nicht zwangsweise Verlass. Um jedoch entspannt von zum Einkaufen oder spazieren zu fahren, ist der Scooter bestens geeignet.
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