Veröffentlicht inEinzeltests, Gaming

Outriders: Test des Rollenspiel-Shooters

In einem bislang eher höhepunktarmen Jahr, was neue Spiele angeht, kommt nun mit „Outriders“ der erste potenzielle Hit auf den Markt. Kann die Mischung aus Action- und Rollenspiel die Erwartungen erfüllen? IMTEST hat sich Outriders im Test angesehen.

outriders_test

Produktdetails
  • Preis: ab 58,90 Euro
  • Spielzeit: 25-50 Stunden
  • Für: PC, Playstation 4/ 5, Xbox One/ Series X

Neuer Spiele-Hit? Outriders im Test

Das nächste polnische Entwickler-Team betritt die internationale Bühne: „People Can Fly“ bringen mit „Outriders“ einen Third Person Shooter (im Gegensatz zum Ego-Shooter sieht man hier seiner Spielfigur über die Schulter) mit Rollenspiel-Elementen auf den Markt. Vor einigen Jahren veröffentlichte das Team CD Project Red aus Polen mit „The Witcher 3“ die Action-Rollenspiel-Referenz der Dekade, die noch immer Gültigkeit hat. Jedoch konnten sie zuletzt mit „Cyberpunk 2077“ nicht überzeugen. Der Test offenbarte zwar eine super Story, aber auch technische Fehler und eine verbesserungswürdige Spielbarkeit, wie im Cyberpunk-Artikel nachzulesen ist. Wie gut ist Outriders im Test? Wie groß ist das Potenzial des Spiels, um der nächste große Hit zu werden?

Outriders: Blutiger Abgesang auf die Menschheit

Die Handlung von „Outriders“ ist schnell umrissen: Nachdem die Menschheit die Erde so zerstört hat, dass Leben auf ihr nicht mehr möglich ist, brechen zwei Generationenschiffe zu einer möglichen, neuen Heimat für die Überlebenden auf. Doch während die „Flores“ ihren Start absolviert, explodiert das Schwesterschiff schon im Orbit. Als Teil der ersten Mission auf der neuen Welt soll der Spieler klären, ob es für die Kolonisten sicher ist, auf den Planeten geschickt zu werden. Doch nicht nur die Natur wehrt sich gegen die Neuankömmlinge, auch starre Befehlsstrukturen und Betonköpfe sorgen für Ärger. Und so findet sich der Held oder die Heldin des Spiels schwer verletzt in Kälteschlaf wieder.

Erst 30 Jahre später gibt es ein böses Erwachen. Die noch lebenden Siedler haben sich in zwei große Machtblöcke geteilt und schlachten sich gegenseitig erbarmungslos ab. Und der Spieler erhält kurz nach dem Erwachen nur scheinbar den Todesstoß, tatsächlich wird er zum „Veränderten“, einem Wesen, das über besondere Fähigkeiten verfügt. Reicht das, um dem Geheimnis des Planeten Enoch auf die Spur zu kommen und die Menschheit zu retten?

Das Spielprinzip von Outriders

Die Grundidee von „Outriders“, Shooter-Action mit Rollenspiel-Elementen zu kreuzen, ist nicht neu. Genau genommen haben viele große Publisher sich daran versucht, doch Spiele wie „Destiny“ oder „Anthem“ konnten trotz großer Studios und viel Entwicklungszeit keine Dauerbrenner werden. „People Can Fly“ hat da offenbar ganz genau hingesehen – und fast alle Fehler der Vorgänger ausgemerzt. Der Spieler hat nach einem kurzen Prolog die Wahl zwischen vier Klassen, eine Entscheidung, die nicht mehr geändert werden kann:

  • Der Pyromant ist eine Art Magier, der mit Feuer kämpfen kann und vor allem mit vielen Gegner gleichzeitig fertig wird.
  • Der Assassine kann Gegner besonders hart treffen und attackiert aus dem Verborgenen.
  • Unterstützung aller Art wie etwa Geschütztürme oder besonders schwere Waffen kann der Technomant nutzen.
  • Und der Verwüster ist vor allem für den Kampf aus nächster Nähe gut gerüstet, er kann die Schwerkraft kontrollieren und hält mit der passenden Ausrüstung viel aus.

Dabei lässt sich „Outriders“ wie im Test problemlos komplett allein spielen, perfekt ausgelegt ist es aber für Dreier-Teams. So lassen sich alle Inhalte, die Hauptstory, Nebenmissionen, versteckte Einsätze und später auch Expeditionen allein, zu zweit oder zu dritt spielen, wobei vor allem bei den Expeditionen auffällt, dass sie eigentlich für Trios entworfen wurden.

Outriders Test Spiel im Team
Outriders lässt sich komplett allein meistern, mehr Spaß macht es aber zu dritt.
Outriders Test Klassen
Erst im Zusammenspiel mit anderen Klassen erzielen die unterschiedlichen Klassen ihre maximale Leistung.

Der Kampf in Outriders

„Outriders“ ist ein Deckungs-Shooter, das heißt, dass ein Spieler regelmäßig den Schutz von Mauern, Bäumen und ähnlichen Barrieren suchen sollte, um aus dieser Position dann gegen die zahlenmäßig immer überlegenen Gegnerhorden anzutreten. Jede Klasse hat drei Waffenplätze, zwei frei belegbare für große Waffen wie Scharfschützengewehre, Maschinenpistolen oder Pump-Guns und einen für Handfeuerwaffen. Letztere haben den Vorteil der unendlichen Munition, im Schaden können sie dafür mit den großen Wummen nicht mithalten.

Die Hauptstory schickt den Spieler durch viele Regionen, die jeweils in kleinere Gebiete unterteilt sind. Und darin muss sich Einzelkämpfer oder Team meist von A nach B durchschlagen, um etwas zu finden, zu erfahren oder zu vernichten. Mal muss man sich in zerklüftetem Gebiet gegen feindliche Scharfschützen behaupten, mal stürmt die gesammelte Fauna der Region auf den Helden zu und es kommt vor allem auf große Feuerkraft an.

„Outriders“ variiert diese Einsätze sehr gut, sodass das Spiel auch bei stundenlangem Einsatz immer wieder Neues zu bieten hat und nicht langweilig wird. Das liegt an einem bereits jetzt sehr gut ausbalancierten Spielprinzip. Es gibt für jede Klasse besonders einfache und besonders schwierige Passagen und jede Figur lässt sich auf bestimmte Situationen hin ausrüsten und skillen.

outriders Test Charakter
Den Charakter kann sich jeder Spieler selbst erstellen, riesig ist die Auswahl allerdings nicht.

Ausrüstung in Outriders wichtig

Obwohl jede Klasse über einen eigenen umfangreichen Talentbaum verfügt, der durchaus Einfluss auf den Kampf hat, spielt die Ausrüstung meist eine wichtigere Rolle. Drei Waffen- und fünf Rüstungs-Plätze wollen belegt werden. Dabei nutzen die Entwickler das bekannte Rollenspiel-Prinzip der fünf Farben. Weiße Gegenstände sind Standard, grüne sind seltener, aber etwas besser als normale Ausrüstung. Blaue Waffen und Rüstungen haben bereits eine zusätzliche Fähigkeit, beispielsweise frieren sie Gegner kurz ein oder setzen sie in Brand. Oder sie verstärken Fähigkeiten der Klasse. Epische Gegenstände (lila) haben zwei dieser Fähigkeiten und die legendären (golden) Waffen und Rüstungen verfügen auch über zwei Plätze dafür, können aber aus den drei dafür vorgesehenen Rängen auswählen. Eine Rang-3-Fähigkeit ist dabei deutlich stärker als eine Rang-1-Fähigkeit.

Ist ein bestimmter Punkt im Spiel erreicht, lassen sich Gegenstände auch umbauen. So kann der Spieler durch die Demontage erbeuteter Waffen und Rüstungen die Fähigkeiten herausnehmen und auf einen anderen Gegenstand übertragen, wenn der über einen entsprechenden Platz verfügt. Zum Beispiel lässt sich das Einfrieren eines Gegners aus einem Scharfschützengewehr herauslösen, dann gelangt diese Fähigkeit in den Pool, aus dem eine neue Waffe damit bestückt werden kann, vielleicht ein Maschinengewehr, mit dem der Spieler lieber spielt.

Outriders Ausrüstung
Legendäre, goldene Ausrüstung ist das Ziel aller Spieler, aber das dauert.

Outriders im Team: Komplexe Rüstungswahl

Das Umbauen der Ausrüstung in „Outriders“ klingt komplizierter als es ist, nach kurzer Eingewöhnung kann sich der Spieler seine Ausrüstung ganz nach dem persönlichen Spiel-Stil optimieren. Wer gern nach vorn stürmt, setzt auf viel Selbstheilung durch Lebensraub auf der Waffe und dicke Rüstungswerte, wer lieber aus dem Hinterhalt präzise trifft, stellt sich Ausrüstung zusammen, die maximalen Schaden pro Treffer garantiert – und vielleicht auch noch Schaden über Zeit verursacht.

Die hohe Schule beginnt dort, wo Spieler regelmäßig als Team spielen und ihre Ausrüstung so aufeinander abstimmen, dass sie möglichst perfekte Synergie-Effekte bieten, So hat Spieler A die Möglichkeit, Gegner kurz einzufrieren und Spieler B besitzt das Talent, auf eingefrorene Gegner 30 Prozent mehr Schaden zu verteilen. Oder Spieler A kann Gegner mit Schwerkraft-Beherrschung eng zusammenziehen und Spieler B kann gewaltige Explosionen auf kleinem Raum erzeugen. Auf hohen Schwierigkeitsgraden (es gibt 15!) werden diese Dinge zur Pflicht. Und bis ein Held in komplett goldener Ausrüstung erstrahlt, vergehen sicher hundert oder mehr Stunden. Das optimale Ausrüsten der eigenen Figur wird, ganz ähnlich wie in „Diablo“, zur Hauptaufgabe nach dem Durchspielen der Story.

Outriders Test Gegner
Gegner aus der Lust sind besonders tückisch, da schwerer zu treffen.

Der Outriders-Talentbaum

Auch die Talente der Klasse haben Einfluss auf das Spiel. Acht besondere Kräfte, genannt Anomalie-Fähigkeiten, besitzt jede Klasse, die allerdings erst freigespielt werden müssen – die letzte und stärkste gibt es beispielsweise erst auf Stufe 22. Drei davon kann der Spieler auf Slots legen und im Kampf verwenden, das Umändern dauert allerdings nur wenige Sekunden. Diese besonderen Talente haben entweder defensive oder offensive Vorteile. So kann der Verwüster sehr offensiv spielen und Erdbeben, Sprünge in eine Gegnermeute und Explosionen um sich herum wählen, aber auch eine Steinhaut als Panzerung oder eine Schwerkraft-Anomalie, um Gegner aus dem Weg zu zerren.

Dazu verfügt jede Klasse über einen Talentbaum, in dem Klassenpunkte ausgegeben werden können. Es gibt in jedem Baum, drei grob vorgegebene Richtungen, in die sich ein Charakter über diese Talente entwickeln kann. So kann der Verwüster seine Lebensenergie und seine Rüstung deutlich erhöhen, er kann aber auch den Waffenschaden oder die kritische Trefferwirkung verstärken. Zusammen mit der Ausrüstung lässt sich jeder Held so sehr individuell gestalten und auf eine bestimmte Art zu spielen optimieren.

Outriders Test Talentbaum
Der Talentbaum wirkt auf den ersten Blick kompliziert, tatsächlich ist er aber leicht zu verstehen.

Outriders im Test: Die Grafik

Mit den schönsten Spielen für Konsole und PC kann sich „Outriders“ nicht ganz messen, kommt aber gleich dahinter. Die Grafik von Outriders im Test ist immer gut und läuft auf den neuen Konsolen PS 5 und Xbox Series X sowie einem halbwegs neuen PC ruckelfrei in 4k-Auflösung mit 60 Frames per Second (FPS). Und das ist in Anbetracht der Gegnermengen und Effekte auf dem Bildschirm extrem beeindruckend. Denn da ist oft so viel los, dass sich der Spieler erst daran gewöhnen und lernen muss, die wesentlichen Dinge in diesem optischen Overkill auszumachen.

Dazu kommt immer wieder eine filmreife Inszenierung von Schlüsselstellen der Handlung. Wenn ein lieb gewonnener Kamerad neben dem Helden verletzt wird oder stirbt, dann haben die Entwickler das mit genau der richtigen Menge Pathos und Musik ausgestattet, um tatsächlich ans Herz zu gehen. Die meiste Zeit aber watet der Spieler förmlich in toten Körpern und Blut – die Altersfreigabe ab 18 Jahren ist hier mehr als gerechtfertigt.

Outriders Test Grafik
Optisch ist Outriders nicht ganz an der Spitze, bietet aber trotzdem einen realistischen Look.

Das Endspiel in Outriders

Ist die Hauptstory endlich geschafft, was je nach Verhalten zwischen 25-50 Stunden dauern kann, kommen die Expeditionen. Hier kann sich der Spieler ebenfalls auf einen Rang von 15 hochspielen – und nur der erlaubt das Spielen des „Auge des Sturms“, der letzten Herausforderung des Spiels. Dafür muss man allerdings schon wirklich gut spielen und auch die komplexe Game-Mechanik wirklich verstanden haben, wie der Outriders-Test zeigte. Die IMTEST-Redaktion vermutet, dass nicht sonderlich viele Spieler dieses Ziel erreichen dürften.

Das Ende des Hauptspiels hingegen ist kein Problem. Wer es nicht auf gute Ausrüstung abgesehen hat, sondern nur auch das Erleben der Geschichte, spielt einfach auf Weltrang 1 und sollte keine Probleme haben, alle Gegner zu besiegen. Hohe Schwierigkeiten sind da allerdings eine ganz andere Sache, allein nochmal härter als im Team.

Outriders Test Held
Bis der eigene Held so aussieht, vergehen mindestens 20 Stunden.
Outriders Test Expeditionen
Expeditionen beginnen erst, wenn der Spieler die komplette Story geschafft hat.

Outriders: Test zeigt technische Schwächen

Wer es mit der Anschaffung des Spiels nicht sehr eilig hat, sollte angesichts der momentanen Situation (Stand 6. April 2021) noch warten. Denn in der PC-Version von „Outriders“ im Test traten  eine Menge kleiner Fehler auf. So war beispielsweise erst nach Rückkehr in die Lobby und Neuladen das Interface zu sehen. Dazu gesellen sich zahlreiche Grafikbugs und die schlechte Tonausgabe, die zum Teil fehlt oder abgehackt ist.

Es gab zudem auch regelmäßige Verbindungsabbrüche zum Server. Und da das gesamte Spiel nur online funktioniert, egal ob man es allein spielt oder nicht, kann das schon nerven. Es ist „People Can Fly“ zwar sicher zuzutrauen, diese Probleme zu fixen, ob das noch Tage oder Wochen dauert, ist im Moment aber unklar. Wer wartet, erspart sich damit viel Frust. Spielbar ist „Outriders“ auf dem PC allerdings schon, nur so richtig gut läuft es noch nicht.

FAZIT

Es ist ein kleines Wunder, was die Entwickler von „People Can Fly“ mit „Outriders“ abgeliefert haben. Alle Schwächen früherer Rollenspiel-Shooter-Mix-Versuche sind hier abgestellt. Die Story ist gut und brutal-blutig erzählt, die Klassen spielen sich unterschiedlich, aber alle gut und das Loot- und Talentsystem ist absolut grandios.

Momentan empfiehlt IMTEST aufgrund einiger technischer Mängel die Anschaffung nur für ganz Ungeduldige, mit diesem Spiel hat aber prinzipiell der erste potenzielle Hit des Jahres großartig abgeliefert. Spielspaß für beinharte Actionfans für hunderte von Stunden – am besten mit zwei Freunden!

  • PRO
    • Es gibt besser aussehende Spiele – aber nicht viele. Outriders bietet opulente Optik.
    • Am meisten Spaß macht Outriders im Team von bis zu drei Spielern. Mehr Spiele-Spaß geht nicht.
  • KONTRA
    • Momentan noch technische Schwächen bei Grafik und stabiler Serververbindung

IMTEST Ergebnis:

sehr gut 1.4

Fotos: IMTEST, Hersteller

Markus Fiedler

Markus Fiedler ist freier Journalist und Autor, sein Herz schlägt vor allem für den Bereich Entertainment. Er verbringt seit vielen Jahren einen großen Teil seiner Zeit im Kino oder vor dem Fernseher – und hat damit sein Hobby zum Beruf gemacht. Nach einem abgeschlossenen Volontariat in seiner Heimatstadt Göttingen war Fiedler Gründungsmitglied des Spielemagazins Computerbild Spiele im Jahr 1999 und arbeitete dort 13 Jahre lang als Testredakteur. Seitdem ist er freiberuflich für verschiedene Kunden tätig. Für IMTEST testet er vor allem Technik und Software, mit der man seine Freizeit verbringt: Netflix und Spotify zum Beispiel, aber auch neue Spielekonsolen wie Playstation 5 und Xbox Series X.