Veröffentlicht inEinzeltests

Zeiss Conquest HD 10×42 im Test: Wie viel Fernglas gibt es für 1.250 Euro?

Qualität made in Germany? Der große Praxistest.

Fernglas von Zeiss auf einem Holztisch.
© IMTEST

Der Name Zeiss steht, stellvertretend für die Carl Zeiss AG, für einen Big Player im Bereich der optischen und optoelektronischen Industrie – seinen Jahreskonzernumsatz von über zehn Milliarden Euro erwirtschaftet das Unternehmen in mehreren Geschäftsfeldern. Die reichen von der Chip-Produktion über Mikroskope und Brillengläser bis hin zur Medizintechnik. IMTEST interessiert sich aber für eine andere Sparte: Die Carl Zeiss Sports Optics GmbH stellt hochpreisige Ferngläser her, bei Outdoor-Enthusiasten, Vogelbeobachtern und Jägern gilt Zeiss – wie Swarovski oder Leica – als eine der renommiertesten Marken.

Das macht IMTEST neugierig. Wie gut sind die Ferngläser wirklich, welchen Gegenwert können Kunden erwarten, die zwischen 500 und 3.000 Euro für ein Zeiss-Gerät ausgeben? Vor wenigen Wochen testete IMTEST das 500-Euro-Fernglas Rollei 10×42 Pro und zückte die Testnote 1,9 – ein beachtliches Ergebnis. Nun stellt sich das Zeiss Conquest HD 10×42 beim IMTEST-TÜV vor. Es kostet stolze 1.250 Euro, Zeiss nennt es selbst seinen „perfekten Generalisten“ und preist die „ausgezeichnete Leistung, das kompromisslose Design sowie das hervorragende Preis-Leistungsverhältnis“. Ist das nur markiges Marketing oder trägt das wuchtige Gerät sein Preisschild zu recht?



Was die Zahlen 10×42 im Produktnamen bedeuten, ist rasch erklärt: Die „10“ steht für eine zehnfache Vergrößerung, die „42“ informiert über den Objektivdurchmesser. Die 42mm stellen dabei ein beliebtes Maß im Fernglas-Sektor da – so gelangt viel Licht in die Optik, gleichzeitig sind die Geräte noch nicht so wuchtig wie bei Objektiven mit mehr als 50mm (die vor allem bei Jägern gefragt sind). Die Conquest-HD-Serie gibt es in mehreren Ausführungen, zum Beispiel auch als 8×32, 8×42 und 10×32. Dazu als 8×56,10×56 und sogar 15×56. Aufgrund der Beliebtheit der Variante 10×42 hat sich IMTEST für dieses Gerät entschieden. IMTEST überprüft Ferngläser in verschiedenen, praxisnahen Test-Situationen – mehr zum ausgeklügelten Verfahren finden Sie hier.

  • Ein Mann mit Mütze und Winterkleidung hat ein Fernglas in der Hand und blickt aufs Schilf.
  • Ein Frau schaut durch ein Fernglas auf einen See, vor ihr auf einem Tisch liegen noch weitere Ferngläser.

Haptik und Handhabung beim Conquest HD

Das 10x42er Glas wiegt stolze 795g – und damit mehr als vergleichbare Ferngläser von Leica oder Nikon. Aber weniger als das oben angesprochene Rollei-Fernglas. Das Zeiss kommt mit einer sehr griffigen Gummi-Armierung daher, die im Outdoor-Einsatz aber etwas empfindlich für Kratzer ist. Mit seinem stattlichen Gewicht und der klassischen Form (ohne Fingermulden) liegt es schwer, aber sehr gut in der Hand. Alles an diesem Produkt wirkt hochwertig: Das beginnt bei den passgenauen, weichen Augenmuschelkappen und hört bei den clever per Schnur angebrachten Objektivschutzdeckeln noch nicht auf.

Der Nackengurt ist breit und weich, der Dioptrienausgleich dreht sich weder zu schwer noch zu leicht. Mini-Manko: Nur gute Noten gibt es für das Knicken der Fernglasbrücke und das Drehen des Mitteltriebs zum Scharfstellen. Beides ist wertig, aber etwas zu schwergängig. Die Augenmuscheln können in drei knackigen Stufen herausgeschraubt werden, sie könnten sich ruhig einen Tick leichter drehen lassen, bieten aber sonst keinen Anlass zur Kritik. Egal ob beim Probieren im Fachhandel oder draußen bei Wind und Wetter – man merkt bei jedem Griff zum Conquest HD, dass man Qualität in Händen hat.

Das Fernglas Zeiss Conquest HD 10x42 von oben, auf einem Holzuntergrund.
Angesichts der kompakten Maße überrascht das Gewichts des Conquest HD. Dafür fasst es sich aber auch sehr hochwertig an.

Zeiss Conquest HD 10×42: Top Optik

Ein deutlicher Unterschied zum Rollei 10×42 Pro sowie zu allen bisher bei IMTEST getesteten Ferngläsern ist bei der optischen Qualität zu vermelden. Nicht nur beim Blick aufs Labor-Testbild oder den Spatz in der Nähe. Auch bei weit entfernten Objekten – zum Beispiel bei der Vogelbeobachtung an der Nordsee – ist die Qualität der optischen Abbildung bestechend. Die Bildschärfe ist in allen Test-Situationen sehr hoch, und das bis zum Rand der Gläser. Farbsäume sind fast nicht vorhanden und eine Kissen-Verzeichung nur sehr leicht wahrzunehmen.



Die Naheinstellgrenze fällt mit zwei Metern angenehm kurz aus, hier gibt es aber Konkurrenten, die noch besser sind. Sehr gut gefallen hat IMTEST dafür die Farbwiedergabe: Die Farben beim Blick durchs Glas sind natürlich und trotzdem satt, der Kontrast ist hoch. IMTEST wird in den nächsten Wochen eine umfassenden Vergleichstest von weiteren 10×42-Ferngläsern aus der Preis-Kategorie um 1.200 Euro anbieten – dort treten dann unter anderem Geräte von Leica und Nikon an. Mit der scharfen und brillanten Optik des Conquest HD konnte aber kein anderes Fernglas mithalten, so viel sei schon verraten…

Ein Fernglas von Zeiss, auf einem Holzpfosten liegend, dahinter ein See
Ideal für anspruchsvolle Natur- und Vogelbeobachtung: Das Zeiss Conquest HD 10×42 ist dank seiner brillanten Optik ein wertvoller Outdoor-Begleiter. © IMTEST

Zubehör, Umwelt & Garantie

Die weiche und trotzdem robuste Tasche (aus Kunststoff, mit Gurt) hat eine gute Größe, zudem liegt ein Mikrofasertuch zur Reinigung bei. Die edle, große und stabile Papp-Box macht als wertige Umverpackung zwar etwas her, sorgt aber für kleine Abzüge in der B-Note, zumal hier auch Schaumstoff zum Einsatz kommt.

Zeiss gibt eine Garantie von zehn Jahren auf das Conquest HD, das natürlich wasserdicht ist, und äußert sich auf Nachfrage umfassend zur Reparierbarkeit des Geräts so: „Jedes Produkt wird bei uns einer umfangreichen technischen Überprüfung, Wartung und Reinigung unterzogen. Reparieren bzw. instandsetzen können wir beim Conquest HD beispielsweise Mittel- und Einzeltrieb, die „0“-Stellung, die Prismen-Justage, die Gummierung bzw. das Gelenk. Viele Ersatzteile (auch Verschleißteile) stellen wir unseren Kunden auf Anfrage kostenlos zur Verfügung, darunter Augenmuscheln, ZEISS-Logo und Schutzkappen. Sollte die Reparatur außerhalb der Garantie liegen, stellen wir einen Kostenvoranschlag zur Verfügung.“

Ein Zeiss-Fernglas in Händen gehalt, von einem einem Menschen in blauer Outdoor-Jacke.
Zeiss gibt zehn Jahre Garantie, tauscht kleine Teile kostenlos aus und bietet einen Reparaturservice an. So kann das Fernglas über viele Jahre hinweg bei allen Witterungen mit nach draußen. © Oliver Louven / Zeiss Sport Optics

Fazit

Keine Frage: 1.250 Euro kann und will nicht jeder Hobby-Ornithologe oder Outdoor-Fan für sein liebstes Hobby ausgeben. Wer diese Summe aber ins Zeiss Conquest HD 10×42 investiert, der wird es nicht bereuen. Während es hinsichtlich Handhabung und Bedienbarkeit kleine Kritikpunkte gibt (recht wuchtig, Mitteltrieb zu schwergängig) und das Design keinen Innovationspreis gewinnt, ist die Optik des Fernglases so fantastisch, dass dennoch ein „sehr gut“ und die Note 1,5 unter dem Strich stehen. Mit diesem Fernglas wird das Beobachten auch bei schwierigen (Licht-) Verhältnissen erheblich erleichtert. Vor allem in puncto Bildschärfe reicht das Conquest HD erfreulich nahe an die oberste Fernglas-Liga heran, darunter das Victory SF aus demselben Hause, für das Birdwatching-Nerds doppelt so tief ins Portmonnaie greifen müssen.

  • PRO
    • Exzellente Optik mit top Schärfe und hohem Kontrast, sehr gute Verarbeitung, lange Garantie und Reparierbarkeit.
  • KONTRA
    • Recht hohes Gewicht, manche Elemente etwas schwergängig.

IMTEST Ergebnis:

sehr gut 1,5

Portrait Matthias Schmid

Matthias Schmid wollte im Berufsleben "irgendwas mit Video- und Computerspielen" machen – deshalb studierte er nach dem Abitur Informatik, um selbst Spiele zu entwickeln. Nach dem Studium kam die 180-Grad-Wende: Matthias wechselte in die schreibende Zunft, absolvierte ein Volontariat bei einer renommierten Spiele-Fachzeitschrift und wurde 2004 Videospiel-Redakteur in Vollzeit. Damit lebt er seit nunmehr 19 Jahren seinen beruflichen Traum: Spiele testen und darüber schreiben. Diese Jobbeschreibung greift freilich zu kurz: Matthias hat Spiele-Magazine und -Webseiten mitkonzipiert, Fachmessen in aller Welt besucht und Entwicklern bei der Arbeit über die Schulter geschaut. Er hat ebenso großen Spaß mit Action-Blockbustern wie mit kleinen Indie-Spielen und liebt es nachzuforschen, wer die Macher hinter den Spielen sind. Neben Video- und Computerspielen faszinieren ihn aktuelle Top-Smartphones und – als begeisterter Vogelbeobachter – alles, was mit Ferngläsern zu tun hat.