Man darf in diesem Fall ein kleines Faszit schon vorwegnehmen: Nikon gelingt mit der Nikon Z9 ein Quantensprung. Das ist keine Metapher: Die Kamera setzt in vielen Bereichen neue technische Maßstäbe. Sie richtet sich in erster Linie an professionelle Fotografen. Immerhin kostet der Bolide auch knappe 6.000 Euro. Und da ist dann noch kein adäquates Objektiv dabei.
- Auflösung: 45,7 MP
- Sensortyp: Vollformat
- Crop-Faktor: 1
- Preis: 5.999 Euro
Nikon Z9: Auf Geschwindigkeit ausgelegt
Die Nikon Z9 ist mit einem von dem Kamerahersteller selbst entwickelten, mehrschichtigen CMOS-Sensor mit 45,7 Megapixeln auf höchste Auflösung ausgelegt. Andererseits ist sie mit 30 Bildern pro Sekunde bei 45 Megapixeln im Vollformat für die schnelle professionelle Fotografie optimiert. Die maximale Bildfrequenz von 120 Bildern pro Sekunde gilt nur bei 11 Megapixeln in JPEG-Normalqualität. Mit ProGrade Digital Cobalt CFexpress-Speicherkarten kann die Nikon Z9 bei 20 B/s mehr als 1.000 Bilder in Folge aufnehmen (RAW in höchster Auflösung). Der elektronische Verschluss schafft die ultrakurze Verschlusszeit von 1/32.000 Sekunde. Durch die schnelle Sensorabtastrate gibt es praktisch keinen verzerrenden Rolling-Shutter-Effekt. Ein lamellenartiger Sensorschutz hält beim Objektivwechsel den Staub vom Sensor fern. Der Sensorschutz kann im Menü aktiviert werden und schließt beim Ausschalten der Kamera. Eine leitfähige Beschichtung am Sensor erzeugt ein Magnetfeld, das Staubpartikel aktiv abweist. Eine zusätzliche Fluorvergütung erleichtert das Abwischen von Fingerabdrücken und anderen Flecken vom Sensor.
Ultraschnelles Scharfstellen
Das AF-System ist extrem leistungsfähig und ultraschnell im praktischen Einsatz. Mit dem Z 2,8/24-70 mm S bei 50 mm fokussiert die Z9 von unendlich auf 1,5 m in 0,11 s mit Auslöseverzögerung. Das ist die schnellste jemals von uns gemessene AF-Geschwindigkeit. Die 493 AF-Messpunkte haben eine hohe Messfelddichte und eine sehr gute Bildfeldabdeckung. Die Anzeige der Messfelder im Sucher und auf dem Monitor ist hervorragend. Das Nadelspitzen-Messfeld mit einer extrem kleinen Messfläche ist ideal für die präzise Fokussierung auf kleine Details. Für die Messfeldwahl stehen 10 Modi zur Auswahl. Bei automatischer Messfeld-Steuerung sind 405 AF-Messpunkte im Einsatz. Deep-Learning-KI-Algorithmen erkennen Tiere, Vögel, Menschen, Fahrzeuge und können Gesichter auch dann erkennen, wenn die auf dem Kopf stehen. Das erweiterte 3D-Tracking reagiert sofort auf Änderungen der Motivposition, der Geschwindigkeit oder der Richtung.
Auch bei Videos sehr gut unterwegs
Bahnbrechend sind die Videofunktionen der Nikon Z9, darunter 8K-Videos mit 30p. Hier sind rekordverdächtige Videos von 125 Minuten am Stück möglich. Aus dem 8K-Videomaterial lassen sich einzelne JPEG-Dateien mit 8K extrahieren. Die 8K N-RAW-Videos können auf der vollen Breite des Vollformat-Sensors aufgezeichnet werden. Auch bei den 4K UHD wird die volle Sensor-Breite genutzt, und zwar durch Upsampling der 8K-Daten. Hoch professionell sind auch die Video-Codecs H.265 (HEVC, 8-Bit/10-Bit) oder 10-Bit Apple ProRes 422 HQ.
Die Nikon Z9 hat Gigabit-Ethernet und Bildstabilisierung
Für die kabellose Datenübertragung aus der Kamera stehen ultraschnelle WiFi- und Bluetooth-Standards zur Verfügung. Und sogar ein Ethernet-Anschluss (RJ-45) mit Datenraten bis zu 1.000 Mbit/s, ein USB-C-Anschluss und ein GPS-Modul sind an Bord. Der kamerainterne Bildstabilisator kann Verwackler in fünf Richtungen kompensieren und um bis zu fünf Stufen längere Verschlusszeiten als dem Kehrwert der Brennweite ermöglichen. Er funktioniert auch mit dem optionalen FTZ-Adapter und Objektiven mit F-Bajonett. Zusammen mit dem optischen Bildstabilisator in den Objektiven eingesetzt, ist eine Bildstabilisierung um bis zu sechs Stufen möglich.
Vielfältige Speichermedien
Die Kamera hat zwei Steckplätze für die ultraschnellen CFexpress-Speicherkarten, die mit diversen Speicheroptionen belegt werden können. Beide Steckplätze können auch XQD-Karten erkennen. Es ist sogar möglich, eine CFexpress- und eine XQD-Karte zusammen zu benutzen.
Ein Sucher der Extraklasse
Der 0,5 Zoll (1,27 cm) OLED-Suchermonitor hat 3,69 Megapixel Auflösung und eine rekordverdächtige Helligkeit von 3.000 cd/m2. Dank der Dual-Stream-Technik sind Serienaufnahmen ohne Dunkel-Phase möglich. Das ist besonders beeindruckend bei Serienaufnahmen mit 30 B/s, das Sucherbild zeigt keine Unterbrechung, und der elektronische Verschluss rattert flüsternd leise. Der High-Eyepoint-Sucher hat eine Austrittspupille von 23 mm, eine Suchervergrößerung von 0,8-fach und ein mehrlinsiges optisches System. Der Dioptrienausgleich gelingt mit einem hervorragend zu bedienenden Einstellrad (-4 bis +3 Dioptrien). Das Sucherbild ist auch bei Dunkelheit sehr hell, brillant und kontrastreich. Die Bewegungen werden flüssig dargestellt, man kann die Helligkeit und die Farbwiedergabe einstellen und vor der Aufnahme ins Bild hinein zoomen, so dass man im Sucher auch manuell sehr genau fokussieren kann. Die Sucheranzeigen erscheinen in je eine Zeile unter und über dem Sucherbild. Sie informieren übersichtlich und gut ablesbar über alle belichtungsrelevanten Einstellungen. Diverse Gittermuster oder die Wasserwaage lassen sich einblenden.
Hochauflösendes Display
Der große bewegliche Monitor der Nikon Z9 löst extrem hoch auf und bietet Touch-Screen-Funktionen. Man kann beispielsweise das aufgenommene Bild mit Daumen und Zeigefinger bis zu 200% vergrößern. Beim Doppeltippen mit einem Finger erscheint die 100% Pixelansicht, die man, falls gewünscht, auf 200% mit Daumen und Zeigefinger vergrößern kann. Den vergrößerten Ausschnitt kann man mit dem Finger bewegen und anschließend das Bild mit Doppeltippen wieder auf die Monitorgröße verkleinern. Die Bildqualität bei 100% und vor allem bei 200% Pixeldarstellung ist sowohl im Sucher als auch und vor allem auf dem Monitor verblüffend scharf und brillant. Das alphanumerische Display auf der Oberseite informiert gut ablesbar über belichtungsrelevante Einstellungen.
Die Nikon Z9 hat ein Gehäuse für den harten Einsatz
Als echte Profi-Kamera hat die Nikon Z9 eine Größe, die gern als ausgewachsen bezeichnet wird. Die Z9 ist aber 20% kleiner als die D6. Das robuste Gehäuse ist aus einer Magnesium-Legierung und aufwändig wetterfest abgedichtet.
Auch die Z-S-Objektive und die FTZ-Adapter sind abgedichtet. Das Akkufach für den leistungsstarken Lithium-Ionen-Akku ist zu einem vollwertigen Handgriff für die Hochformathaltung ausgeformt und zusätzlich mit zwei Einstellrädern, einem Auslöser, vier Tasten (ISO, Fn, i, AF-ON) sowie einem Joystick ausgestattet. Die Einheit Kamera-Objektiv liegt sowohl im Quer- als auch im Hochformat ausgezeichnet in der Hand. Das Metallgehäuse ist mit einer sehr griffigen Gummiarmierung überzogen, die auch feuchten Händen Halt gibt. Die großen, ergonomisch geformten Bedienelemente sind eindeutig markiert und dort platziert, wo man sie als Erstes sucht.
Beleuchtete Tasten
Ein Novum ist die Beleuchtung wichtiger Tasten, so dass man auch bei Dunkelheit die Kamera einstellen kann, das alphanumerische Display ist ebenfalls beleuchtet. Mit den Individualfunktionen kann die Kamera persönlich konfiguriert werden. So lassen sich beispielsweise die Belegung wichtiger Bedienelemente und die Drehrichtung der Einstellräder verändern, die Parameter für die Belichtungsreihenautomatik einstellen und die Schritte für die ISO- oder Belichtungseinstellung auf Drittel-, halbe oder ganze Stufen festlegen. Auch die Funktionstasten kann man mit sinnvollen Funktionen belegen.
Beeindruckende Auflösung
Der CMOS-Sensor mit 45,7 Megapixeln wird ohne optisches Tiefpassfilter eingebaut. Dadurch wird ein Maximum an Kontrastübertragung und Detailauflösung erreicht. Und es werden überhaupt keine Frequenzen gesperrt. Das lässt, zusammen mit dem leistungsfähigen EXPEED 7-Bildprozessor eine hervorragende Bildqualität erwarten. Im Bereich von ISO 32 bis ISO 800 überschreitet die Auflösung die Nyquist-Frequenz gewaltig. Das ist die theoretische Maximalauflösung des Sensors. In diesem ISO-Bereich löst die Nikon Z9 bei allen ISO-Stufen mehr als 130% der Nyquist-Frequenz auf. Wir geben von ISO 32 bis ISO 800 die Auflösung mit 130% und 3.578 Linienpaare pro Bildhöhe an, weil die IQ-Analyzer-Software die Messungen bei 130% der Nyquist-Frequenz begrenzt, um Verfälschungen durch Artefakte oder durch eine offensive kamerainterne Signalaufbereitung auszuschließen. Messwerte von 100% bei ISO 1.600 und von 99% bei ISO 3.200 sind ebenfalls beachtlich.
Souverän bei ISO 3.200
Bis ISO 3.200 sind an feinen Details und Strukturen so gut wie keine Moiré- und Aliasing-Artefakte sichtbar. Das geschulte Auge erkennt zwar in der 200% Darstellung am 5K-Monitor bei ISO 3.200 geringe Artefakte in den Bildern, die aber überhaupt nicht störend sind. Die relativ symmetrische und sehr effiziente Kantenschärfung im bewerteten Bereich bis ISO 3.200 lässt die feinen Details und Strukturen noch knackiger erscheinen. Bei ISO 6.400 (86%) und 12.800 (89%) ist die Auflösung sehr hoch, das Rauschen gering, aber Moiré- und Aliasing-Artefakte werden zunehmend sichtbar. Die Auflösung ist auch bei allen höheren gemessenen ISO-Stufen vergleichsweise hoch. Bei ISO 25.600 ist die Auflösung mit 81% noch gut, aber ein sichtbares Rauschen und noch mehr Artefakte treten in Erscheinung. Die Bilder sind aber mit Einschränkungen zu gebrauchen. ISO 51.200 ist nicht zu empfehlen.
Hoher Motivkontrast und sehr gute Ausgangsdynamik
Die Nikon Z9 kann einen großen Motivkontrast aufzeichnen und fein abgestuft mit tiefem, sattem Schwarz wiedergeben. Die Ausgangsdynamik erreicht bei ISO 32-12.800 den vollen Umfang von 255 Stufen und kann Tiefschwarz problemlos darstellen. Erst ab ISO 25.600 ist die Ausgangsdynamik geringfügig eingeschränkt, so dass Tiefschwarz etwas weicher wiedergegeben wird. Die Farbsättigung ist höher als in der Vorlage. Die Bilder wirken auch durch die Kontrastanhebung bei größeren Details und Strukturen knackig und brillant, aber nicht bunt. Die Farbwiedergabe ist nicht ganz neutral, aber auch ein Profi-Modell wie die Z9 ist keine Repro-Kamera. Der automatische Weißabgleich arbeitet perfekt, die RGB-Kurven in den OECF-Diagrammen sind nahezu deckungsgleich.
Mit der Z9 ist es Nikon gelungen, eine überragende Bildqualität mit einer verblüffenden Bildfrequenz von 30 B/s zu verbinden. Bei der Konkurrenz muss man sich noch zwischen hoher Auflösung oder schneller Bildfrequenz entscheiden. Die Nikon Z9 ist nach unserer Testmethode die beste digitale Kamera, die wir bis dato getestet haben.
Fazit
Die Nikon Z9 ist ein einziger Superlativ. Sie ist aktuell ein ultimatives Werkzeug für Profis, das keine Wünsche offen lässt. Das gilt sowohl für den Foto- als auch für den Video-Modus. Wer gerade auf der Suche nach neuem Arbeitsgerät ist, für den ist die Z9 eine unbedingte Empfehlung.
- PRO
- Immens hohe Auflösung, erstklassige Verarbeitung und Bildqualität.
- KONTRA
- Relativ hohe Investition nötig.
Ursprungsartikel von Dr. Artur Landt