Sommer, Sonne, Kofferpacken. Wenn die Reisesaison beginnt, stehen für Bücherfreunde schwierige Entscheidungen an: Welche Schmöker kommen mit in den Urlaub? Wer besonders lesefreudig ist oder sich schlicht nicht entscheiden kann, greift anstelle eines schweren Romans womöglich zum eBook-Reader. Die leichten Lesegeräte arbeiten stromsparend und sorgen mit ihren Spezialdisplays für ein augenschonendes Lesevergnügen. Da allerdings enden die Gemeinsamkeiten beinah schon, denn während manche eBook-Reader beinah schon ein gut ausgestattetes, großes Tablet ersetzen, arbeiten andere eher im – wortwörtlich – kleinen Rahmen. IMTEST hat sich einen besonders kleinen Mini-Reader, das Boox Palma, genauer angeschaut, um zu beurteilen, für wen der E-Book-Reader infrage kommt, wo seine Stärken und Schwächen liegen.
eBook-Reader im Test: Kindle gegen Tolino, Pocketbook & Co.
Die zwei Bekanntesten landen im Test auf den hinteren Plätzen.
Boox Palma: Bücher, Fotos, YouTube – in schwarz-weiß
Mit einer Bildschirmdiagonalen von knapp sechs Zoll (15,1 Zentiemeter) ist das Boox Palma etwas kleiner als das iPhone 13 und deutlich kleiner als Tablet-große eBook-Reader wie der Kindle Paperwhite mit 6,8 Zoll (ca. 17,3 Zentimeter) oder gar der große Kindle Scribe mit 10,2 Zoll (ca. 26 Zentimeter).
Vorteil des kompakten Handy-Formats ist ohne Zweifel, dass der eBook-Reader in praktisch jede Tasche passt und überall dabei sein kann – Nachteil offenkundig die geringe Bildschirmgröße beim Lesen. Das kann die Augen schneller ermüden und verleitet dazu, den Palma näher vor das Gesicht zu halten, was auf die Dauer Kurzsichtigkeit fördern kann.
Wer die geringe Größe jedoch zu händeln weiß, bekommt mit dem Palma einen ausgesprochen vielseitige Reader, der mit Android 11, sechs Gigabyte RAM, 128 Gigabyte Speicher und Wifi- sowie Bluetooth-Connection nicht nur für stundenlangen Lesespaß sorgt, sondern – für einen eBook-Reader verhältnismäßig gut – Videos ausspielt und auch auf YouTube zugreifen kann. Zwar sind die Bilder schwarz-weiß und deutlich weniger scharf als auf einem modernen Smartphone. Das ist jedoch der Preis, den alle eBook für ihre sehr energiesparenden Displays zahlen.
Energiesparend, aber mit Geisterbildern: E-Ink-Displays
Diese sogenannten E-Ink-Displays arbeiten mit winzigen Kügelchen, die sich heben und senken. Das ist zwar nicht zu spüren, braucht aber in der Reaktionszeit deutlich länger als ein leuchtendes LCD-Display, wie es etwa bei Smartphones im Einsatz ist.
Auch kommt es deshalb zu Geisterbildern. Mitunter sind minimale Spuren der vorherigen Anzeige im Bild zu sehen. Diese Spuren werden zwar in regelmäßigen Abständen bereinigt (Die Häufigkeit lässt sich in den Einstellungen anpassen.), das kostet jedoch zusätzliche Energie. Zudem sorgt diese Technologie dafür, dass das Display erheblich langsamer reagiert, als beispielsweise ein Smartphone oder Tablet.
Allerdings muss man dem Palma im konkreten zu Gute hält, dass es im Vergleich zu anderen eBook-Readern verhältnismäßig flott ist und mit guter Auflösung von 301 PPI (Pixel per Inch) überrascht. Das macht sich vor allem bei Zusatzfunktionen wie Kamera (zum Scannen von Dokumenten – funktioniert aber auch für normale Fotos) und beim Schauen von YouTube-Videos bemerkbar. Trotz Leseschwerpunkt bietet sich der eBook-Reader mit Mikrofon, Lautsprecher, 16-Megapixel-Kamera und WLAN-Zugang ersatzweise auch als Multimedia-Geräte an.
PlayStore, Cloud und BooxDrop: So kommen eBooks auf den Reader
Neben der WLAN- besitzt der Reader auch eine Bluetooth-Funktion. Die einfachste Variante, Material auf das Gerät zu ziehen, ist allerdings eine Variation von Drag-and-Drop. Befinden sich eBook-Reader und ein Smartphone, PC, etc. im selben WLAN können sie per BooxDrop über die Website https://push.boox.com Dateien von A nach B schieben. Alternativ lassen sich Programme und eBook beispielsweise auch über den vorab installierten Google Playstore herunterladen. Insgesamt besitzt Boox Palma folgende Dateinzugänge:
- BooxDrop per WLAN
- Bluetooth
- Internetdownload
- Dropbox
- Google-Drive
- Baidu Cloud
- One Drive
- NutStore
- WebDAV
- AlsYunDrive
- Kindle-App und Co. via Playstore
- Onyx Store
Im letztgenannten Onyx Store gibt es kostenlos Klassiker zum Download, allerdings vorrangig auf Englisch. Nicht als Option für das Gerät verfügbar ist außerdem Apple Books, die eBook-App des iPhone-Konzerns.
Kalender, Uhr & Co.: Nebenfeatures wie ein Handy
Neben den Download-Optionen bringt Palma zahlreiche Nebenfeatures mit, die allerdings nicht immer intuitiv zu bedienen sind. Beispielsweise müssen Apps mitunter erst geschlossen und wieder geöffnet werden, um veränderte Spracheinstellungen beim Vorlesen zu speichern. Eine Stiftunterstützung gibt es nicht. Immerhin sorgen Lauter-leiser-Tasten und ein Sperrknopf dafür, dass nicht jedes Bedienelement auf dem für ein eBook-Reader eben doch sehr kleinen Bildschirm untergebracht werden muss.
Andere Features sind unter anderem Kalender, Uhr mit Timer und eine Basic-Musik-App. Alles Funktionen, die grundlegend auch auf jedem Smartphone zu finden sind.
So schlägt sich Boox Palma in der Mittagshitze
So groß wie ein Handy, ähnliche Apps, aber keine Möglichkeit zu telefonieren und obendrein deutlich langsamer. Da steht die Frage im Raum, wozu das Boox Palma überhaupt gut sein soll. Nun, der eBook-Reader ist nicht nur kompakt und energiesparend. Er ist auch extrem hitzebeständig. IMTEST nahm das Testgerät gemeinsam mit einem Android-Smartphone Ende Juni zur Mittagszeit eine halbe Stunde mit in die Sonne. Während das Smartphone bereits nach fünf Minuten und ohne Nutzung völlig überhitzt in den Schatten gelegt werden musste, schien dem Reader die Temperatur überhaupt nichts auszumachen. Selbst nach einer halben Stunde lesen und vorlesen lassen war das Gerät nur geradeso wahrnehmbar erwärmt.
Fazit
Wer sich also ein augenschonendes und energiesparendes Beinah-Handy zum Lesen für unterwegs wünscht, der ist mit dem robusten Palma gut bedient. Der eBook-Reader ist vielseitig aufgestellt, kann vorlesen und sogar Bilder aufnehmen und Videos (in schwarz-weiß) abspielen. Beim Kauf muss man sich allerdings bewusst sein, dass die Größe beim Lesen ein echten Manko sein kann. Sieht man darüber hinweg, bewegt sich das Gerät im guten Bereich.
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