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Die besten Smartwatches zur Blutdruck-Messung

Diese Smartwatches sind in der Lage Blutdruck zu messen.

Person mit Smartwatch am Handgelenk.
© Samsung

Weltweit sind schätzungsweise 1,3 Milliarden Menschen von Bluthochdruck (Hypertonie) betroffen. Nach Angaben der World Heart Federation sind jährlich 10 Millionen Todesfälle auf die Erkrankung zurückzuführen. Bluthochdruck wirkt sich auf den gesamten menschlichen Körper aus und schädigt nach und nach die Blutzellen, was ihn zum weltweit führenden Risikofaktor für Todesfälle macht. Es gibt wirksame Behandlungsmöglichkeiten. Allerdings ist Bluthochdruck nicht immer leicht zu erkennen und zu kontrollieren. Smartwatches können diese Aufgabe übernehmen und den Blutdruck regelmäßig kontrollieren. Doch welche Smartwatch erledigt diese Aufgabe tatsächlich zuverlässig?

Bluthochdruck Todesfälle
Bluthochdruck ist weltweit einer der häufigsten Todesursachen, vor allem in Europa und Asien. © world-heart-federation

Volkskrankheit Bluthochdruck

Warum ist das Thema Blutdruck so wichtig? Allein in Deutschland leiden schätzungsweise 20 bis 30 Millionen Menschen an dieser Erkrankung. Weltweit ist jeder Vierte betroffen. Dabei zählt der Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) zu den bedrohlichsten Krankheitsbildern und gilt als wesentliche Ursache für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch Nieren- und Augenerkrankungen sind häufig auf zu hohen Blutdruck zurückzuführen.

Denn wenn das Blut mit zu viel Kraft und Geschwindigkeit durch den Blutkreislauf fließt, kann es das Innere der Venen und Arterien beschädigen. Das Cholesterin lagert sich an diesen beschädigten Stellen ab, verengt den Blutfluss und erhöht den Blutdruck, was zu weiteren Schäden und Verengungen führt. Hoher Blutdruck kann außerdem zu Aussackungen (Aneurysmen) oder Rissen in den Arterien führen. Die Verengung und Ablagerung von Plaque im Kreislaufsystem kann zu einer arteriellen Blockade (Embolie) führen, die verhindert, dass Blut in lebenswichtige Teile Ihres Körpers gelangt. Alle diese Szenarien sind potenziell tödlich und erfordern medizinische Behandlung.



Bluthochdruck: Stiller Killer

Dennoch wissen viele Betroffene nichts von diesem Risikofaktor. Denn Bluthochdruck hat keine äußeren Symptome. Er verursacht weder Kopfschmerzen, Brustschmerzen, Nasenbluten noch Schwindel. Ärzte empfehlen daher, dass jeder Erwachsene seinen Blutdruck kennen sollte. Die einzige Möglichkeit, Gewissheit zu erlangen, besteht aber ausschließlich darin, regelmäßig den Blutdruck zu messen. Inzwischen gibt es auch Smartwatches, die den Blutdruck messen können. Aber liefern sie auch genaue und zuverlässige Werte?

Smartwatches und Blutdruck

Smartwatches und Fitnesstracker gibt es jetzt seit nahezu 15 Jahren. Die ersten Modelle konnten nur die Anzahl der zurückgelegten Schritte messen. Inzwischen gehört es zum Standard, das sie unter anderem auch die Herzfrequenz, die Sauerstoffsättigung des Blutes (SpO₂) und die Hauttemperatur am Handgelenk erfassen. Modelle, die den Blutdruck messen, sind dagegen noch rar. Warum ist das so? Warum ist es so schwierig, den Blutdruck mit einer Smartwatch zu messen?

Was ist der Blutdruck und wie wird er gemessen?

Die genaueste Blutdruckmessung wird erreicht, indem ein Schlauch (Kanüle) in eine Arterie eingeführt und der Blutdruck direkt gemessen wird. Diese Methode ist jedoch invasiv und wird im Allgemeinen nicht für Routinemessungen verwendet. Die häufigste Form der Blutdruckmessung ist daher die auskultatorische Methode (lateinisch für “abhören”). Dabei wird eine Blutdruckmanschette über die Arteria brachialis (die größte Arterie am Oberarm) gelegt und so lange aufgepumpt, bis der Blutfluss unterbrochen wird. Der Druck wird abgelassen, und eine Person notiert den Druck, wenn a) das Geräusch des wieder einsetzenden Blutflusses zu hören ist (systolischer Druck) und b) das Geräusch des turbulenten Blutflusses nicht mehr zu hören ist (diastolischer Druck). Doch diese Methode ist vergleichsweise aufwendig und überdies unangenehm. Hier kommen Smartwatches ins Spiel.

Blutdruckmessgerät mit Manschette
Unhandlich und umständlich: Die klassische Messmethode mit Armmanschette. © Pixabay

Warum die Blutdruck-Messung mit Smartwatches so schwierig ist

Die Blutdruckmessung per Smartwatch benötigt – im Gegensatz zu herkömmlichen Blutdruckmessgeräten – keine Blutdruckmanschette und erfolgt am Handgelenk. Für die Ermittlung des systolischen und diastolischen Blutdruckwertes spielt die Absorption des LED-Lichts der Herzfrequenzsensoren eine entscheidende Rolle. Aus den Veränderungen des reflektierten Lichts ermittelt die Smartwatch den Blutdruckwert. Konkret misst sie die Pulslaufzeit, also die Zeit, die eine durch die Kontraktion des Herzens ausgelöste Pulswelle benötigt, um eine bestimmte Strecke im Gefäßsystem zurückzulegen.

Einer der größten Nachteile dieser Technik ist, dass sie auf dem PPG-Signal basiert. Obwohl die PPG-Sensoren in Smartwatches inzwischen sehr genau arbeiten, sind sie immer noch sehr störanfällig. Bewegung, Schweiß, Temperatur und sogar die Hautfarbe können das PPG-Signal beeinflussen, was sich wiederum negativ auf die Genauigkeit der darauf basierenden Blutdruckmessungen auswirkt. Experten kritisieren zudem, dass die Methode nicht auf allgemein anerkannten physiologischen Prinzipien basiert.



Bluthochdruckmessung: Hersteller zurückhaltend

Hinzu kommt: Der Blutdruck ist eine sehr instabile Messgröße. Wenn man ihn an verschiedenen Stellen des Körpers misst, erhält man unterschiedliche Ergebnisse. Nach der Kalibrierung mit einer Blutdruckmanschette sollte der Blutdruck mit der Smartwatch daher auf der gleichen Höhe über dem Herzen gemessen werden. Eine Abweichung von nur wenigen Zentimetern kann eine Druckveränderung von 10 mmHg oder mehr bedeuten, was den Unterschied zwischen gesundem und hohem Blutdruck ausmachen kann.

Aus diesem Grund sind viele Smartwatch-Hersteller vorsichtig. Ein zu niedriges Ergebnis könnte dazu führen, dass eine Änderung der Lebensgewohnheiten oder ein lebensrettender Arztbesuch aufgeschoben werden. Deshalb warten alle großen Anbieter auf die Zulassung der FDA, der amerikanische Behörde für Medizinprodukte. Aber selbst wenn alles gut funktioniert, dauert es in der Regel sehr lange, bis die Zulassung erteilt wird.

Blutdruckmessung medizinisch relevant

Wichtig in diesem Zusammenhang: Im Wesentlichen hängt die Regulierung davon ab, inwieweit der Hersteller dem Käufer mitteilt, wofür sein Gerät bestimmt ist. Funktionen, die nur dem allgemeinen Wohlbefinden dienen, z.B. zum Abnehmen, zur Stressbewältigung oder zur Schlafüberwachung, werden von der FDA in der Regel nicht beanstandet. Anders sieht es dagegen bei Messungen wie EKG oder Blutdruck aus. Warum? Wenn die Herzfrequenz etwas zu hoch oder der SpO₂-Wert etwas zu niedrig ist, haben diese Messwerte keinen großen diagnostischen Aussagewert. Wer aber mit zu hohen Blutdruckwerten zum Arzt geht, bekommt eine entsprechende Therapie verordnet.

Samsung Blutdruck-Messung
Die Galaxy Watch-Serie von Samsung zählt zu den wenigen Smartwatches, die die Blutdruckmessung beherrschen. © Samsung

Galaxy Watch mit Blutdruckmessung

Entsprechend gering ist die Auswahl an Smartwatches, die versprechen den Blutdruck zu messen. An erster Stelle ist hier die Galaxy Watch zu nennen, die seit Version 3 auch den Blutdruck messen kann. Samsung weist jedoch darauf hin, dass die Blutdruckfunktion nicht dazu gedacht sei, herkömmliche Diagnose- oder Behandlungsmethoden zu ersetzen. Benutzer sollten zudem die Ergebnisse des Geräts nicht ohne Rücksprache mit einer qualifizierten ärztlichen Fachkraft interpretieren oder klinische Maßnahmen ergreifen. Unabhängig davon haben Studie mit der Galaxy Watch 5 gezeigt, dass die Blutdruckmessung mit der Smartwatch zuverlässige und genaue Ergebnisse liefert. Die Uhr wurde in diesem Zusammenhang zur Überwachung des Blutdrucks bei Parkinson-Patienten eingesetzt.

Körperscan Galaxy Watch 6
Die Galaxy Watch 6 überzeugt auch mit vielen weiteren Gesundheistfunktionen. © IMTEST

Ganz so unkompliziert ist die Blutdruckmessung mit der Galaxy Watch aber leider nicht: Um genaue Messwerte zu gewährleisten, muss der Träger die Smartwatch monatlich mit einer herkömmlichen Blutdruckmanschette kalibrieren. Zudem funktioniert die Blutdruckmessung nur in Kombination mit einem Samsung Galaxy Smartphone, andere Android-Smartphones bleiben außen vor

Huawei Watch D: Smartwatch mit Manschette

Eine Alternative stellt die Huawei Watch D dar, die erste Uhr mit echter Blutdruckmessung: Diese Smartwatch verfügt tatsächlich über eine Blutdruckmanschette im Armband der Uhr. Die Messung dauert etwa eine Minute. Der Träger setzt sich hin, stellt beide Füße auf den Boden und bewegt die Smartwatch auf Herzhöhe. Während der Messung ist der typische Druck des sich aufblasenden Airbags zu spüren, der sich um das Handgelenk aufbaut. Ist der Test beendet, zeigt die Uhr SYS-, DIA- und Pulswerte an und ordnet sie in eine praktische Ampelskala ein. Die Watch D speichert die Daten auf der Uhr selbst und in der Huawei Health App auf dem Smartphone. So lassen sich die Daten jederzeit abrufen und Trends erkennen.

Männerarm mit leuchtender dunkler Smartwatch am Handgelenk
Die Huawei Watch D kommt mit Blutdruckmanschette im Armband. © IMTEST

Watch D macht Blutdruck messen einfach

Nach eigenen Angaben haben die Messungen eine Fehlertoleranz von ± 3 Millimeter Quecksilbersäule (mmHg), was den Standards der Association of Medical Instrumentation entspricht und zudem der Fehlertoleranz anderer Blutdruckmessgeräte für den Hausgebrauch entspricht. Huawei weist jedoch darauf hin, dass die Blutdruckdaten lediglich als Referenz dienen und die Smartwatch weder medizinisch zertifiziert noch für diagnostische Zwecke geeignet ist. Bei Problemen sollte weiterhin der Arzt konsultiert werden. Dennoch ist die Uhr hilfreich, da sie Unregelmäßigkeiten und Trends erkennt und so auf akute Probleme aufmerksam machen kann. Zudem macht die Huawei Watch D die Blutdruckmessung vorbildlich einfach. Einfach den „Health“-Button unten rechts am Gehäuse drücken und auf „Messen“ tippen. Das schaffen auch Menschen, die nicht so technikaffin sind.

Watch D Armband mit Manschette
Im Armband der Huawei Watch D versteckt sich die aufblasbare Manschette. © IMTEST

Huawei Watch D: Erstklassige Gesundheitfunktionen

Für die besonderen Funktionen, insbesondere die Blutdruckmessung, zahlen potenzielle Kunden allerdings doppelt: Zum einen ist die Uhr mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 399 Euro recht teuer. Und zum anderen ist das Design zumindest diskussionswürdig. Die Watch D ist massiv, kantig und groß, dazu kommt das extrem breite Armband. Sicher nichts für zarte Handgelenke und Ästheten. Zu allem Überfluss verbirgt sich im Armband auch noch der besagte Airbag, der von einer Stoffhülle geschützt wird. Das bringt weitere Probleme mit sich: Der Stoffschutz ist nur aufgesteckt. Hat er sich erst einmal gelöst, erweist es sich als unglaublich fummelig, ihn wieder in die richtige Position zu bringen. Außerdem kann er im Sommer am Handgelenk schwitzen. Und nicht zuletzt ist der Austausch des Armbandes im Gegensatz zu anderen Smartwatches nicht so einfach und kostengünstig möglich, ohne die Funktionalität der Uhr einzuschränken.

Blutdruckmessung in Smartwatches: Rosige Zukunft

Trotz dieser Herausforderungen sieht die Zukunft der Smartwatch-basierten, manschettenlosen Blutdruckmessung vielversprechend aus. Die Hersteller arbeiten an Methoden, die zum Beispiel die regelmäßige Kalibrierung gänzlich überflüssig machen könnten. Ein 2018 in Science Translational Medicine veröffentlichter Artikel beschreibt eine Methode zur Blutdruckmessung mit einem speziellen kombinierten Druck- und PPG-Sensor, der auf der oszillometrischen Methode von automatischen Blutdruckmessgeräten basiert. Das Team, das den Artikel verfasst hat, hat auch einen funktionierenden Prototyp in Form eines Smartphones gebaut. Der Benutzer drückt seine Fingerspitze gegen einen Sensor, wodurch eine kleine Arterie im Finger zusammengedrückt wird. Eine Bildschirmschnittstelle leitet ihn dann an, den richtigen Druck anzuwenden während Sensor seine Pulswelle erfasst. Da diese Technik bereits fünf Jahre auf dem Buckel hat, könnte die dahinter stehende Technik schon bald zum Einsatz kommen. So hat Fitbit vor einiger Zeit ein Patent für eine Smartwatch mit dieser Technologie angemeldet.

Nils Matthiesen

Testet als freier Mitarbeiter für IMTEST schwerpunktmäßig IT-Produkte, wie Notebooks und Computerzubehör. Auch Wearables, wie Sportuhren und Ohrhörer gehören in sein Test-Repertoire. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet Nils Matthiesen als Technik-Journalist: Anfangs als fester Redakteur beim Computerverlag Data Becker (u.a. PC Praxis), später als selbständiger Journalist für Verlage wie Axel Springer (Computerbild), Spiegel und Handelsblatt. Neben Technik nimmt vor allem Sport viel Raum im Leben des Familienvaters ein. Sie erreichen ihn via E-Mail.