Die Insta360 X3 war schon eine empfehlenswerte 360 Grad Kamera. Es gab nur ein Problem: Die volle Auflösung von 5,7K entspricht nur einem exportierten Video von 1080p, wenn man das Bild im 16:9 Format betrachtet. Das macht viele Vorteile und die Flexibilität der 360°-Aufnahme zunichte, da die Ausgabe recht niedrig aufgelöst ist. Die neue X4 bietet jetzt eine maximale Aufnahmeauflösung von 8K – deutlich mehr also als die X3 oder die 5.6K GoPro Max. Das Ergebnis sind schönere 2.7K reframed 16:9 Aufnahmen. Aber das ist bei weitem nicht alles, was die X4 besser macht als ihr Vorgänger. Es gibt allerdings auch ein paar bittere Pillen zu schlucken.
Insta360 X4: Schwerer als der Vorgänger
Die Insta360 X4 sieht auf den ersten Blick fast genauso aus wie die X3. Bei genauem Hinsehen fallen jedoch einige kleine Änderungen auf, wie zum Beispiel das geriffelte Muster auf dem Gehäuse. Er ist auch ein paar Gramm schwerer (203 statt 180 Gramm), etwas länger (12,4 statt 1,4 Zentimeter) und ein paar Millimeter tiefer als der X3. Damit ist sie definitiv zu klobig, um sie beispielsweise an einem Fahrrad- oder Motorradhelm zu befestigen, wie es bei einer herkömmlichen Actionkamera der Fall wäre. Stattdessen eignet sich die X4 besser für die Montage an der Brust, an Halterungen oder an Selfie-Sticks. Kein Nachteil ohne Vorteil: Den Touchscreen hat Insta360 von 2,29 Zoll bei der X3 auf 2,5 Zoll bei der X4 vergrößert. Das macht die Bedienung noch einfacher.
Die Qualität der Verarbeitung ist auf jeden Fall sehr gut. Außerdem ist die X4 bis zu einer Tiefe von 10 Metern wasserdicht. Ein gängiger Wert für Action Cams, die GoPro Hero12 Black und die Insta360 Ace Pro bieten die gleiche Tiefeneinstufung. Für gelungene Unterwasseraufnahmen ist allerdings das als Zubehör erhältliche ” Unsichtbare Tauchgehäuse ” Pflicht, das die maximale Tiefe auf 50 Meter erhöht.
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Mit der Kraft von zwei Ultraweitwinkelobjektiven
Als 360 Grad-Kamera mit zwei Ultraweitwinkelobjektiven ist die X4 in der Lage, die komplette Umgebung aufzuzeichnen. Der Nutzer hat dann beim Bearbeiten die Möglichkeit, sich den passenden Bildausschnitt herauszupicken. Das stellt einen gewaltigen Vorteil beim Filmen dar, da man sich um Themen wie Blickwinkel oder Bildausschnitt kaum noch kümmern muss.
Die Videoleistung der Insta360 X4 baut auf der X3 auf und erhöht die maximale 360-Grad-Auflösung von 5,7K/30p auf jetzt 8K/30p, wobei jetzt auch 5,7K/60p verfügbar sind. Die Ergebnisse sind bei der X4 jetzt Videos mit einer Auflösung von maximal 4K bei 30 Bildern pro Sekunde (fps). Das mag im Vergleich zu einer 5 oder 8K-Actionkamera wenig klingen, aber das ist derzeit das Opfer, das man für die Flexibilität von 360-Grad-Aufnahmen bringen muss. Zudem stellt es einen enormen Fortschritt gegenüber der X3 dar, die eine effektive maximale Auflösung von 1080p bietet, wenn man das Material auf 16:9 umgerechnet.
8K für mehr Spielraum bei der Nachbearbeitung
Die Verwendung von 8K für 360° bringt darüber hinaus mehr Spielraum für das Reframing des Materials in der Postproduktion. Unabhängig davon hat sich die Bildqualität verbessert. Details sind schärfer, Äste von Bäumen sehen jetzt zum Beispiel wirklich wie Äste aus und nicht mehr wie ein komprimierter Pixelbrei. Auch Schatten, Wolken und Rasenflächen bildet die X3 deutlich detaillierter ab.
Außerdem gibt es eine größere Auswahl an Bildraten. So können Zeitlupenvideos mit bis zu 100 Bildern pro Sekunde in 4K aufgenommen werden (bei der X3 waren es 100 Bilder pro Sekunde in 3K), und im Einzelbildmodus können jetzt 60 Bilder pro Sekunde aufgenommen werden, während die X3 auf 30 Bilder pro Sekunde beschränkt war. Diese erhöhte Flexibilität macht die X4 zu einem noch besseren Ersatz für eine Action-Kamera. Dazu trägt auch die hervorragende Bildstabilisierung der X4 bei. Im Test auf ruppigen Mountainbike-Trails in den belgischen Ardennen blieben die Aufnahmen auf jeden Fall wunderbar flüssig. Für stimmige Aufnahmen verfügt die Insta360 X4 (wie auch die X3) nicht zuletzt über vier interne Mikrofone. Diese gehören zu den besten im Bereich der Action-Cams. Besonders der Windreduzierungsmodus funktioniert gut. Mit externen Mikrofonen, die über USB-C angeschlossen werden können, lassen sich freilich noch bessere Ergebnisse erzielen.
Insta360 X4: Schwächen bei schlechtem Licht
Nicht so gut dagegen: In der Insta360 X4 steckt noch immer der gleiche ½-Zoll-Sensor wie in der X3 und nicht etwa der 1 Zoll-Sensor, der in der Insta360 Ace Pro zum Einsatz kommt. Entsprechend fällt die Bildqualität nicht in allen Situationen großartig aus. Bei gutem Licht sind die Aufnahmen zwar top, wenn die Sonne aber mal nicht scheint, stößt der kleine der Sensor an seine Grenzen. Dabei muss es nicht einmal besonders dunkel sein. Selbst bei Aufnahmen, die IMTEST in den Morgenstunden aufgenommen hat, wimmelt es beim Hereinzoomen zum Teil vor Artefakten und Bildrauschen. Für den Einsatz bei schlechten Lichtverhältnissen oder bei höheren Bildraten als 30p muss die Auflösung auf 5,7K bzw. 4K reduziert werden, was wiederum zu Einbußen bei der Bildqualität führt.
Je nach Aufnahmewinkel und Motiv sind die Übergänge zwischen den beiden Aufnahmen (360° Stitching) in einigen Fällen außerdem ein wenig unscharf. Bei der Nachbearbeitung lässt sich das aber in der Regel aus der Welt schaffen. Was aber fehlt, ist eine Log-Aufnahmefunktion wie die GP-Log-Funktion bei der GoPro Hero 12 Black. Das schränkt die Möglichkeiten der Farbkorrektur in der Postproduktion deutlich ein.
X4 mit vielen Aufnahmemöglichkeiten
Spaß macht das Filmen allemal, da die mit der Insta360 X4 jede Menge spannende Aufnahmemodi bietet. Nutzer haben die Wahl zwischen Standardaufnahmen mit bis zu 8K 30fps, Standbildern und Loop-Aufnahmen, mit denen die X4 ähnlich wie eine Dashcam funktioniert. Es gibt sogar eine Funktion namens “Me Mode”, bei der der Benutzer die X3 in einem bestimmten Abstand vor sich hält und das Gerät die Bilder beider Kameras zusammenfügt, um den Eindruck zu erwecken, dass man von seinem persönlichen Kamerateam verfolgt wird.
Die Magie einer 360-Grad-Kamera liegt für viele Menschen im unsichtbaren Selfie-Trick. Das bedeutet, dass alles, was perfekt mit dem Kameragehäuse ausgerichtet ist, für die beiden Objektive unsichtbar ist. So kann ein Selfie-Stick in das Stativgewinde an der Unterseite gesteckt und ausgefahren werden, um eine Third-Person-Perspektive zu erhalten, die sich wie eine Drohnenaufnahme anfühlt. Dies hat sich bei der x4 nicht geändert, so dass Ideen wie die Befestigung der Kamera an einem Selfie-Stick, der hinten am Sattel oder am Lenker befestigt wird, weiterhin möglich sind.
Viele neue Software-Funktionen
Neu sind aber einige der netten Details, die Insta360 von der AcePro übernommen hat. Dazu gehört zum Beispiel die Möglichkeit, Clips während der Aufnahme als „Highlight“ zu markieren. So findet der Filmer später bestimmte Stellen im Video leichter wieder. Der Auslöser hingegen startet nicht nur die Aufnahme, sondern wird auch für schnelle Schnappschüsse verwendet. Wird er bei ausgeschalteter Kamera gedrückt, startet die Kamera und nimmt sofort auf.
Besitzer der Apple Watch und fast aller GPS-fähigen Garmin-Sportuhren und -Fahrradcomputer können ferner einige der von den Wearables erfassten Daten wie GPS-Position und Geschwindigkeit in ihre Videos einblenden. Voraussetzung ist lediglich, dass während der Aufnahme eine Aktivität aufgezeichnet wurde. Eine weitere erwähnenswerte Funktion ist die Gestensteuerung. Hebt man die Handfläche, beginnt die X4 nach einem Countdown von drei Sekunden mit der Videoaufnahme. Zeigt man das Peace-Zeichen, macht die Kamera nach drei Sekunden ein Foto. Im Test kam es dadurch allerdings auch oft zu ungewollten Aufnahmen.
Im Allgemeinen eignet sich die X4 am besten für Ansichten aus der dritten Person oder für die Platzierung am Rand einer Strecke, um Vorbeifahrten und Ähnliches zu erfassen. Leider ist die größte Stärke der 360°-Kameras, alles auf einmal zu erfassen, auch ihre größte Achillesferse, nämlich die hervorstehenden Objektive. Aus diesem Grund hat Insta360 für die X4 einen Linsenschutz entwickelt.
Schwachpunkt Linsenschutz
Jedem X4-Paket liegt jetzt der Standard-Linsenschutz bei. Dabei handelt es sich um Schutzkappen zum Draufstecken aus Polycarbonat (Plastik). Zusätzlich gibt es den Premium-Linsenschutz aus kratzfestem, gehärteten Glas. Den gibt es entweder als Zubehör (39,90 Euro) oder als Teil des von IMTEST getesteten Premium-Linsenschutz-Kits. Die Idee mit dem Linsenschutz ist gut, hat sich im Praxistest aber nicht bewährt. Es traten gleich eine Reihe von Problemen auf.
- Der nicht gerade günstige Standard-Linsenschutz (ab 23 Euro) ist extrem empfindlich. Als die Tester Dreck mit einem Tuch entfernten, war er direkt zerkratzt (siehe Video oben).
- Der Premium-Linsenschutz scheint zwar weniger anfällig für Kratzer zu sein, dafür sind Aufnahmen anfälliger für Lensflare-Effekte. Das gilt umso mehr, da der Premium Linsenschutz Staub magisch anzieht und sich dadurch Bildfehler noch verstärken. Nicht zuletzt ist der Premium Linsenschutz deutlich größer als der Standard-Linsenschutz.
- Unter dem Linsenschutz bildete sich im Test Kondenswasser.
Fraglich ist auch, warum Insta360 nicht allen X4-Paketen die Linsenschutzkappe (kostet als Zubehör rund 8 Euro) beilegt. Dieses Teil gehört zum Pflichtrepertoire eines jeden X4-Nutzers, da sonst die Linsen selbst oder der Linsenschutz schnell zerkratzen.
Insta360 X4 mit besserer Akkulaufzeit
Die Akkukapazität ist von 1800 mAh bei der X3 auf 2290 mAH bei der X4 gestiegen, Im 360-Modus sind dadurch stattliche 133 Minuten bei 5,7K/30p möglich, bei 8K/30p rund 72 Minuten und bei 4K/60p mit einem Objektiv erreichte die X4 rund110. Das ist rund eine halbe Stunde länger als zum Beispiel bei der Hero12 Black, Osmo Action 4 und Ace Pro. Überhitzungsprobleme traten im Test nicht auf.
Die Smartphone-App von Insta360 gehört in Sachen Bedienung und Funktionsumfang zu den Besten. Allein die Möglichkeit, Videos direkt auf der Kamera zu bearbeiten, ohne sie zu übertragen, ist genial. Vor allem aber können Sie die Keyframe-Funktion nutzen, um den Bildausschnitt zu steuern, zwischen den FoV-Modi zu wechseln und verschiedene Effekte anzuwenden. Außerdem gibt es tolle Funktionen zum Nachzeichnen von Motiven, mit denen man einen Rahmen um ein Motiv ziehen und den Bildausschnitt festlegen kann. Sobald man über eine Sammlung von Dateien verfügt, fügt die Apps diese zu einem einzigen fertigen Video mit lizenzfreier Musik und Übergängen zusammen, bevor sie es in 4K und einer Vielzahl von Seitenverhältnissen exportiert.
Wer die Bearbeitung lieber auf dem Desktop durchführt, dem bietet Insta360 auch eine Anwendung für Windows oder MacOS sowie ein Plug-in für einen Adobe-Workflow. Und: Im Gegensatz zur kostenpflichtigen Quik-App von GoPro ist die Insta360-App komplett kostenlos und bietet insgesamt mehr Funktionen, insbesondere für 360°-Aufnahmen.
Fazit
Die X4 ist ein gelungener Nachfolger der X3. Sie bietet 8K-Aufnahmen, einen nützlichen 4K-Modus mit nur einer Linse und weiterhin viele andere tolle Videomodi. Für alle, die eine vielseitige Kamera für den Urlaub und andere Gelegenheiten suchen, ist damit die X4 die bisher vielseitigste Ergänzung zu einem Smartphone. Wer dagegen bereits eine X3 besitzt, muss nicht sofort auf “Kaufen” klicken. Denn die X3 ist trotz der geringeren Auflösung immer noch eine gute Kamera für Urlaubsvideos und Social Media. Nur wer die höhere Ausgabeauflösung in 4K braucht, muss aufrüsten.
- PRO
- 8K bringt mehr Gestaltungsspielraum, lange Akkulaufzeit
- KONTRA
- Schwer, Schwächen bei schlechtem Licht, Linsenschutz unausgereift
IMTEST Ergebnis:
gut 1,6