Die Mudrunner-Serie ist seit 2017 ein Muss für Fans von Offroad-Strecken, Schlamm und Staub. Mit schwerem Gerät ging es bei Spintires: Mudrunner und dem erfolgreichen Nachfolger Snowrunner durch schlammige Sümpfe oder über verschneite Gebirgspässe. Mit Expeditions verlegen die Entwickler von Saber Interactive ihre Offroad-Simulation in die Wildnis von Arizona und den Karpaten. Und hier gibt es alles – außer Straßen. IMTEST hat getestet, wie viel Spaß die anspruchsvollen Offroad-Abenteuer wirklich machen.
Produktdetails
- PC, PS5, Xbox Series S|X, Switch, PS4, Xbox One
- Simulation
- 39,99 Euro
- 80-100 Stunden (alle Missionen, alle Gebiete)
- Ab 0 Jahren
- 6,8 Gigabyte
Expeditions: Die Offroad-Simulation
Grundsätzlich bleibt Expeditions den Serien-Wurzeln treu. Auf einem Auswahlbildschirm wählt man aus einer umfangreichen Missionliste ein Ziel, um sich im Anschluss aus einem Fuhrpark von LKWs und Offroad-PKWs die passende Ausrüstung für den Auftrag auszuwählen. Hierbei steht allerdings nicht der Warentransport von A nach B im Vordergrund, sondern die Erkundung oder Vermessung unzugänglicher Natur. So müssen etwa Spezialisten in die Wildnis gebracht werden.
Auch muss der Spieler mal besondere Orte wie ein Flugzeugwrack oder einen verfallenen Turm untersuchen oder schwere, geologische Messgeräte platzieren. Schade: Es gibt bei Expeditions keine Lizenzfahrzeuge. Zwar ist dem einen oder anderen KFZ anzusehen, was sein Vorbild gewesen sein könnte. Lada Niva oder Landrover Defender sind aber eben nur in dieser Andeutung erkennbar.
Einigermaßen abwechslungsreiche Missionen
Die Missionen sind dabei angenehm abwechslungsreich, dazu kommen weitere Herausforderungen in den weitläufigen Kartenabschnitten, die sich auch auf die Spielwelt auswirken. So muss für das Erreichen der Zielpunkte zum Beispiel ab und an eine Brücke errichtet werden, was dauerhaft neue Routen freischaltet. Hierfür muss der Spieler allerdings zunächst Ressourcen von der Expeditions-Basis an bestimmte Orte liefern, bevor stählerne Übergänge über Flüsse und Schluchten entstehen können.
Auch gibt es einige Nebenaufgaben, die während der Haupteinsätze absolviert werden: Hier schleppt der Spieler mal einen verunglückten Offroad-Kollegen ab oder erkundet alte Goldsucher-Routen. Dazu kommen immer wieder kleinere Reaktionstests und Minispiele. Zum Beispiel, wenn die Kamera um ein zu untersuchendes Objekt schwenkt oder bestimmte Felsformationen mittels einer Drohne vermessen werden. Mit dem in Missionen verdienten Geld können dann wiederum Upgrades für die Fahrzeuge erworben werden, die von besseren Reifen über stärkere Motoren bis zum Schnorchel für größere Wat-Tiefe reichen.
Obwohl die Entwickler hier durchaus versucht haben, mit etwas Humor und textbasierten Hintergründen mehr Charakter in die Aufträge zu bringen, bleibt die Missionsauswahl aber steril und staubtrocken. Das ist kein großes Manko, es wäre aber durchaus mehr Handlung und Expeditions-Atmosphäre drin gewesen. Immerhin stimmt der Umfang: Spieler können wohl spielend bis zu 100 Stunden in der Wildnis verbringen.
Mit Allrad, Winde und Sperrdifferential
Im Gelände ist der Spieler dabei ganz auf sich allein gestellt. Und das ist ärgerlich, denn der kooperative Mehrspieler-Modus wird erst im Laufe des Jahres nachgeliefert. Trotzdem entsteht ein tolles Gefühl für die Weite der Landschaft, wenn man mit seinem Offroader über Stock und Stein holpert. Und das wiederum ist der spielerische Kern von Expeditions, der fasziniert – und gleichzeitig ein hohes Maß an Geduld erfordert.
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Der Urlaub ist vorbei, dabei fängt er erst jetzt so richtig an.
Denn: Jeder Stein, jede Klippe oder jedes Schlammloch könnte in der Einsamkeit der Natur das Ende des Einsatzes bedeuten. Der Spieler muss geschickt mit Gas und Bremse umgeben, sein Fahrzeug bedacht zwischen Hindernissen hindurchsteuern und in der offenen Welt die befahrbaren Routen erkennen, um sein Ziel zu erreichen. Dabei stehen ihm die üblichen Hilfsmittel echter Offroad-Fahrzeuge zur Verfügung: Zuschaltbarer Allrad-Antrieb, Sperrdifferentiale und eine Winde, die das eigene KFZ auch aus schwierigen Situationen retten kann. Zudem gibt es eine bequem umschaltbare Mischung aus Automatikgetriebe und manueller Schaltung. Letztere wird vor allem benötigt, um niedriger übersetze Gänge einzulegen, die für mehr Drehmoment und Kraft sorgen.
Gleichzeitig besitzt Expeditions einen gewissen Survival-Charakter: Geht der eigenen Karre der Sprit aus, ist die Mission im Zweifelsfall vorbei. Zudem gibt es ein mechanisches Schadensmodell für Reifen, Aufhängungen, Motor und Co., das bei harten Einschlägen ebenfalls für ein schnelles aus sorgen kann. Klar: Echte Expeditionsfahrzeuge führen natürlich Ersatzteile und Treibstoffkanister im Inventar mit, wer sich in den unzugänglichen Canyons verfährt, steht trotzdem verhältnismäßig schnell mit trockenem Tank da. Denn die Antriebsarten haben starken Einfluss auf den Verbrauch. Wer oft auf schwierige Manöver mit Allrad-Unterstützung setzt, hat schneller keinen Treibstoff mehr, als bedacht manövrierende Fahrer, die nur selten auf 4×4 zurückgreifen müssen. Praktisch: Über die Karten verteilte Airdrops ermöglichen das Auftanken unterwegs. Diese muss man allerdings auch erstmal finden und erreichen.
Expeditions: Zugänglicher – und trotzdem schwer
Expeditions ist dabei das bis dato zugänglichste der drei Mudrunners-Spiele. Und das ist etwas Gutes! Ein Einführungsmission nimmt den Spieler zunächst an die Hand und erklärt die Wechselwirkung von Antrieb und Umgebung. Zudem werden Geräte wie der Wassertiefen-Messer, die Erkundungs-Drohne oder die Druckluft-Einstellung der Reifen erklärt. Letztere sorgt übrigens für mehr Grip in schwierigen Situationen, sorgt aber für erhöhten Verbrauch und mehr Verschleiß. Zudem gibt es im Menü zu erstehende Hilfsmittel wie den Wagenheber, der auch umgekippte Abenteurer wieder sicher auf allen vier Rädern positionieren kann.
Das ist schön, allerdings ist Expeditions trotzdem in vielen Momenten etwas zu kryptisch. Gerade wenn es um den Wechsel der Karte innerhalb einer Region geht, war im Test zunächst unklar, wo es eigentlich hingehen soll. Zur Erklärung: Die Gebiete sind in mehrere, sehr große Abschnitte unterteilt, die jeweils als eigene offene Welt fungieren. Will man zwischen den Karten wechseln, müssen Übergangspunkte angesteuert werden, die einen mittels Ladezeit auf eine neue Karte verfrachten. Das muss man wissen – allerdings schweigt Expeditions darüber beharrlich. Auch die Brücken-Mechaniken werden im Vorfeld der spartanischen Missionsauswahl nicht gut genug erklärt, was im Einsatz zu Irritationen führen kann.
Insgesamt bleibt Expeditions zudem ein anspruchsvolles Spiel mit simulativem Anspruch. Viele Routen sind auf den ersten Blick nicht zu erkennen und erfordern Mut und Präzision am Lenkrad. Auch der Einsatz von Hilfsmitteln wie den platzierbaren Ankerpunkten für die Seilwinde machen das Spiel zwar etwas handlicher, aber zum Glück längst nicht simpel. Gerade wenn es zum Beispiel um die Rettung von festgefahrenen Fahrzeugen geht, wird es richtig schwierig. Wenn hier Kraft, Position und Technik nicht zusammenpassen, geht gar nichts mehr. Und im schlimmsten Fall müssen im Anschluss sogar zwei KFZ aus dem Schlamm gezogen werden.
Technik, die begeistert?
Erstaunlich ist, wie überzeugend Saber Interactive die schroffe Natur auf den Bildschirm zaubert. Zwar leidet die Darstellung derzeit noch unter einem Textur-Bug, der immer mal wieder die größte Detailstufe der Boden-Oberflächen verschwinden lässt, Schlamm, Wasser, Felsen und Co. werden aber wunderbar realistisch in Szene gesetzt – von der tiefen Reifenspur bis zum qualmenden Auspuff. Star sind natürlich die Fahrzeugmodelle, die sich sehr authentisch über das Gelände bewegen und mit vielen kleinen Details bei Aufhängung und Ausrüstung glänzen können. Einziges Manko: Manchmal wirken gerade kleinere Fahrzeuge etwas zu leicht. Wer zudem die volle Simulations-Dröhnung haben möchte, kann in die gute Cockpit-Perspektive umschalten, die sogar einen Blick aus dem Fenster ermöglicht. Zusammen mit einem Lenkrad kann so echtes Offroad-Feeling entstehen.
Dazu kommen viele durchaus ansehnliche Ausblicke, die gerade im Sonnenuntergang durchaus das eine oder andere Postkartenmotiv erzeugen. Hierbei hilft, dass sich die Karten auch innerhalb einer Region teils deutlich voneinander unterscheiden. Natürlich gibt es einen fließenden Tag-Nacht-Wechsel und die dazugehörige Dunkelheit, die vor nachrüstbaren Zusatzscheinwerfern und Suchlichtern durchbrochen werden kann. Auf PS5 flimmerte Expeditions dabei übrigens mit jederzeit wunderbar flüssigen 60 Bildern pro Sekunden über den Bildschirm.
Fazit
Expeditions – A MudRunner Game ist ein Muss für Offroad-begeisterte Autofans mit viel Geduld. Saber entwickelt die Reihe weiter, bleibt dabei den anspruchsvollen Wurzeln treu. “Einfach” gibt es hier nicht, denn selbst kurze Wege werden zum beschwerlichen Kampf gegen Schlamm, Fels und unebenes Terrain. Gleichzeitig ist Expeditions das zugänglichste Spiel der Reihe, das mit großem Umfang und schicker Kulisse auftrumpfen kann. Sehr schade ist, dass der Koop-Modus erst im Laufe des Jahres nachgereicht wird. Zudem vermisst man die Lizenzen für Offroad-Legenden wie Landcruiser, Niva und Co. Wer über sterile Missionsbeschreibungen hinwegsehen kann und nicht beim ersten Hindernis frustriert aufgibt, wird mit Expeditions aber definitiv sein Offroad-Glück finden.
- PRO
- Schicke Kulisse, großer Umfang, anspruchsvolle Offroad-Navigation, abwechslungsreiche Missionen
- KONTRA
- Koop zum Start nicht verfügbar, staubtrockene Missions-Auswahl, keine Fahrzeug-Lizenzen, zum Teil schlechte Erklärungen der Spielfunktionen
IMTEST Ergebnis:
gut 2,2