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Zu viele Balkonkraftwerke ohne Anmeldung: Was ist zu beachten?

Schon 2022 stellte eine Studie der HTW Berlin fest, dass zu wenig Menschen ihr Balkonkraftwerk richtig anmelden. Wie es besser geht, warum eine Anmeldung wichtig ist und welche Strafen drohen können, erklärt IMTEST.

Person befestigt ein Solarmodul auf einem Dach.
© Kindelmedia / Pexels

Balkonkraftwerke liegen voll im Trend. Statista berichtet, dass im ersten Halbjahr diesen Jahres etwa 565.000 Mini-PV-Anlagen in Deutschland im Betrieb waren. Das wäre im Vergleich zur Bilanz aus 2023 mit 350.000 Anlagen ein Zuwachs von knapp 60 Prozent. Laut einer Studie der HTW Berlin liegt allerdings auch die Dunkelziffer bei der Verwendung von Balkonkraftwerken bei fast 50 Prozent. Denn die offiziellen Zahlen beziehen sich immer auf die bei der Bundesnetzagentur angemeldeten Mini-PV-Anlagen. Die tatsächliche Anzahl an Balkonkraftwerken ist also vermutlich knapp doppelt so hoch.

Warum viele Menschen ihre Balkonkraftwerke nicht anmelden, wie es richtig geht und welche Strafen hier drohen, erklärt IMTEST.



Die Balkonkraftwerk-Studie der HTW Berlin

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin hat bereits 2022 eine groß angelegte Umfrage mit Personen durchgeführt, die zu diesem Zeitpunkt bereits ein Balkonkraftwerk besaßen oder sich zumindest für den Kauf interessierten. Die Umfrage erreichte laut HTW 6.000 Menschen, von denen rund 1.600 den Online-Fragebogen abschlossen. Die Repräsentativität der Studie wird daher von der HTW als hoch eingestuft, obwohl mit einer leichten Verzerrung der Ergebnisse hin zu positiveren Antworten auszugehen ist. Wer selbst ein Balkonkraftwerk besitzt, ist vermutlich auch von der Thematik überzeugt.

Dennoch die große Überraschung: Knapp die Hälfte der Befragten gab an, das eigene Balkonkraftwerk ohne die korrekte Anmeldung zu nutzen. Warum? Entweder aus Unwissenheit, durch fehlende Anreize für den zu hohen Aufwand oder schlechte Erfahrungen bei Nachfrage beim Netzbetreiber, so die Studie.

Es ist aber für das Stromnetz wichtig, dass Netzbetreiber möglichst über alle Anlagen Bescheid wissen, die Energie einspeisen können. Sonst kann es leicht einmal zu Überlastungen und im schlimmsten Fall sogar zu großflächigen Stromausfällen kommen.

Wie geht die Anmeldung richtig?

Balkonkraftwerk

Bis vor kurzem war es nötig, sowohl den eigenen Netzbetreiber als auch die Bundesnetzagentur über ein neues Balkonkraftwerk zu informieren. Um diesen doppelten Aufwand einzusparen, ist mittlerweile allerdings nur noch Letzteres notwendig. Das funktioniert über die Webseite der Behörde, dem sogenannten Marktstammdatenregister, in drei Schritten:

  1. Benutzerkonto anlegen und dieses per E-Mail-Bestätigung freischalten.
  2. Als Anlagenbesitzer registrieren.
  3. Das Balkonkraftwerk anmelden.

Zur Anmeldung sind in der Regel technische Daten über die Anlage notwendig, die sich entweder auf der Bedienungsanleitung, einem mitgelieferten Datenblatt, auf der Webseite des Balkonkraftwerk-Herstellers und/oder auf der eigenen Stromrechnung finden lassen. Außerdem wichtig: Als Balkonkraftwerk zählen derzeit nur Mini-PV-Anlagen, deren Solarmodule eine maximale Leistung von 2.000 Watt und deren Wechselrichter eine maximale Einspeiseleistung von 800 Watt nicht überschreiten. Für alle größeren Anlagen zählt diese vereinfachte Anmeldung nicht und muss zudem von Elektrofachpersonal vorgenommen werden. Ein kurzes Merkblatt zum Vorgehen gibt es auch noch einmal von der Bundesnetzagentur hier zu finden.

Stromspeicher

Ist ein Speicher beim Balkonkraftwerk dabei, wird es ebenfalls ein bisschen komplizierter. Zwar wird bei der Anmeldung im Marktstammdatenregister dieser Punkt einfach abgefragt und kann dann direkt mit abgearbeitet werden. Den Stromspeicher muss man allerdings auch weiterhin zusätzlich beim Netzbetreiber registrieren. Insider vermuten zwar, dass hier bald gesetzlich nachgerüstet werden wird. Bisher gelten die Vereinfachung aus dem Solarpaket I aber noch nicht für die Zusatz-Akkus.

Außerdem sollte man bei jeder Art von Balkonkraftwerk überprüfen, ob der Stromzähler den Vorgaben für die Nutzung entspricht. Ist noch ein altes Modell ohne Rücklaufsperre installiert, muss der Netzbetreiber es austauschen. Darüber sollte man diesen am besten proaktiv informieren, auch wenn die Mini-PV-Anlage während der Wartezeit bereits in Betrieb gehen darf.

Was droht bei fehlender Anmeldung?

Grundsätzlich gilt es als Ordnungswidrigkeit, ein Balkonkraftwerk zu betreiben ohne es beim Marktstammdatenregister anzumelden. Paragraph 95 des Energiewirtschaftsgesetzes sieht hier sogar Bußgelder bis zu maximal 50.000 Euro vor. Bisher ist allerdings noch kein Fall bekannt, in dem tatsächlich eine so hohe Strafzahlung verhängt wurde. Meistens werden eher kleinere Zählungen von wenigen Hundert Euro fällig. Dennoch handelt es sich hierbei um eine Summe, die man gerne einspart.

Auch zusätzliche Strafzahlungen beziehungsweise Nachzahlungen an den Netzbetreiber können zudem noch hinzukommen. Ist etwa der falsche Stromzähler oder ein zu leistungsstarker Wechselrichter installiert, muss man bis zu zehn Euro pro Monat und installierter Kilowatt Leistung nachzahlen. Kann das Balkonkraftwerk also maximal 2.000 Watt (2 Kilowatt) erzeugen, wären 20 Euro pro Monat fällig. Aufs Jahr gerechnet kämen hier demnach 240 Euro zusammen, was den Gewinn durch die Mini-PV-Anlage leicht übersteigen kann. Wer also vom Konzept Balkonkraftwerk überzeugt ist und sich zumindest eine Einsparung von Stromkosten davon verspricht, sollte diese Strafzahlungen unbedingt umgehen.


Autorinnen-Foto von Dr. Lotta Kinitz in Farbe.

Dr.-Ing. Lotta Theresa Florianne Kinitz – Spitzname Dr. Lotta – schloss 2016 ihren Bachelor of Science an der HAW Hamburg ab. Anschließend absolvierte sie in Bonn den Master in Lebensmitteltechnologie und promovierte im Fachbereich für Haushaltstechnik. Ihre Doktorarbeit
schrieb sie über mögliche Verbesserungen der Norm zur Prüfung von Geschirrspülmaschinen, um diese relevanter für Verbraucherinnen und Verbraucher zu machen.
Bei IMTEST ist sie seit 2022 ebenfalls vor allem dafür zuständig, dass unsere Produkttests wissenschaftlich, aber auch nachvollziehbar und relevant ablaufen. Dabei testet sie selbst mit Vorliebe alles, was im Haushaltsbereich zu finden ist: Von Küchenmaschinen, über Saugroboter
und andere ‚smarte‘ Home-Geräte bis hin zu Waschtrocknern, Backöfen und Kaffeevollautomaten kommt bei ihr alles unters kritische Prüferinnen-Auge. Um stets auf dem Laufenden über Neuerungen zu bleiben, ist sie zudem Mitglied des Fachausschusses für Haushaltstechnik in der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft.
Ihre Ausbildung sowie ihre derzeitige, nebenberufliche Tätigkeit als Lehrbeauftrage für Haushaltstechnik und Physik an der HAW Hamburg geben ihr zudem die Grundlage für die Position der IMTEST-Expertin für Energiethemen, wie Balkonkraftwerke und mobile Powerstations.